Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

258 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
sidiär sein, dals sie das zur Zeit des Erlasses des Reichsgesetzes be- 
stehende Landesrecht fortgelten läfst, aber ein ferneres Recht zur 
Landesgesetzgebung nicht anerkennt, vielmehr derselben nur noch die 
Möglichkeit offen läfst, die Abweichung von dem Reichsgesetz zu be- 
seitigen. In dieser Weise ist insbesondere die Bestimmung Eg. Gve. 
a. 6 über das Fortbestehen der landesgesetzlichen Zuständigkeit der 
Schwurgerichte in Prefsstrafsachen beschränkt. 
Die Reichsgesetzgebung kann endlich die Subsidiarität durch 
anderweitige Modalitäten einengen, insbesondere dadurch, dafs sie die 
zulässigen partikularrechtlichen Abweichungen selbst bestimmt — wie 
z. B. bei der Subsidiarität des Grundsatzes, dafs die Gerichte über 
die Zulässigkeit des Rechtsweges entscheiden nach Gvg. a. 17 — oder 
dals sie der Landesgesetzgebung bestimmte von ihr einzuhaltende 
Mailsgaben vorschreibt — wie z. B. bei den subsidiären Bestim- 
mungen über die Unfallversicherung land- und forstwirtschaftlicher 
Arbeiter nach dem Reichsgesetz vom 5. Mai 1886 88 110. 111 —; 
oder dadurch, dals die Reichsgesetzgebung Abweichungen nur in be- 
stimmten Formen der Rechtserzeugung, eines konstitutionellen Gesetzes, 
einer allgemeinen Verordnung, einer Verordnung untergeordneter Be- 
hörden, insbesondere auch nur der Autonomie, wie der Hausverfassung 
der landesherrlichen Familien, zuläfst — z. B. Gewerb.O.. S 33 lit. b.; 
Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 $& 109; Handelsgesetzbuch 
a. 331; Eg. Gvg. a. 5; Eg. Strpr.O. a. 4; Eg. Civpr.O. a. 5; Ee. 
Konk.O. a. 7 —; oder endlich dadurch, dals die Subsidiarität des 
Reichsgesetzes der Landesgesetzgebung nur innerhalb einer bestimmten 
Frist Raum giebt — z. B. landwirtschaftliches Unfallversicherungs- 
gesetz 8 119. 
Neben dem Hauptfall der Subsidiarität steht noch eine andere 
Form nur bedingter Wirkungskraft, auf welche sich die Reichsgesetz- 
gebung beschränken kann. Sie liegt dann vor, wenn die reichsgesetz- 
lichen Anordnungen zwar absolute sind, die Voraussetzungen aber, von 
denen ihre Anwendbarkeit abhängig gemacht wird, erst durch eine 
dem Ermessen des Einzelstaates anheimfallende Willensbestimmung 
herbeigeführt werden. So treten die absoluten Anordnungen des Ge- 
richtsverfassungsgesetzes über die Kammern für Handelssachen nur 
dann in Wirksamkeit, wenn die Landesjustizverwaltung in freier 
Schätzung des Bedürfnisses solche Kammern bildet — Gvg. aa. 100 ff. —, 
so enthält das Strafgesetzbuch eine ganze Reihe von Strafbestimmungen, 
welche zur Voraussetzung haben, dals das einzelstaatliche Gesetz- 
gebungs- oder Verordnungsrecht gewisse Anordnungen nach freiem
	        
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