Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

8 42. Die Suveränetät und Unmittelbarkeit der Reichsgesetzgebung. 269 
Reichsrechtes zugleich bewirkt das „Vorgehen“ alles in den Reichs- 
gesetzen begründeten subjektiven Rechtes vor jedem anderen 
subjektiven Rechte, das sich nur auf die Behauptung eines entgegen- 
stehenden partikularen Rechtssatzes zu stützen vermag. Alle Be- 
rechtigungen und Ermächtigungen, wie alle Verpflichtungen, welche 
dem Reiche und seinen Organen oder den Einzelstaaten und ihren 
Organen oder den Unterthanen von Reichsgesetzes wegen eingeräumt 
oder aufgelegt sind, können durch Berufung: sei es auf die Verfassung 
oder die Gesetze, auf die Verordnungen oder Verfügungen der Einzel- 
staaten und auf die hieraus gefolgerten subjektiven Rechte oder 
Pflichten weder ihrer Existenz noch ihrem Umfange nach in ihrer 
Wirksamkeit angefochten werden. 
2. Hiermit in enester Verbindung steht ein Weiteres. Kraft der 
Unmittelbarkeit des Reichsgesetzgebung gewinnt das dadurch ge- 
schaffene objektive und das darauf gegründete subjektive Recht eigen- 
tümliche und besondere Bürgschaften gegen die Eingriffe und Hem- 
mungen der Einzelstaaten. 
Wo die Gesetze des Reiches nach näherer Malsgabe seiner Kom- 
petenzen die Rechte und Pflichten der Unterthanen unmittelbar zu be- 
stimmen vermögen, da bezeichnen sie damit zugleich Inhalt und Grenzen 
des verfassungsmälsigen Gehorsams gegen die Einzelstaaten. Diese 
Gehorsamspflicht besteht zu Rechte nicht gegen irgend einen Willkürakt 
des Einzelstaates, auch nicht seiner Gesetzgebung, welcher die reichs- 
gesetzlichen: Grenzen der Verpflichtungen der Unterthanen verrückt 
oder ihre reichsgesetzlichen Berechtigungen beeinträchtigt. Den Unter- 
thanen stehen dagegen von Rechts wegen alle die Rechtsmittel zu Ge- 
bote, die ihnen das Landes- oder Reichsrecht gegen das Unrecht ge- 
währt, unter den zutreffenden Voraussetzungen und in den Grenzen 
des positiven Rechtes selbst das Recht des Widerstandes. 
Nicht minder regeln die Reichsgesetze in weitem Umfang un- 
mittelbar die Dienstpflichten und die amtlichen Ermächtigungen der 
Behörden und Beamten der Einzelstaaten. Dieselben haben diese 
ihre Rechte und Pflichten zu handhaben und zu erfüllen dergestalt, 
dafs dies durch einen Befehl der Landesregierung, das Reichsgesetz 
zu befolgen und anzuwenden, nicht bedingt ist und dals sie hiervon 
im Umfang der auf ihrer eigenen Verantwortlichkeit stehenden Amts- 
handlungen nicht einmal durch ein widersprechendes Landesgesetz mit 
rechtlicher Wirksamkeit entbunden werden können *. 
Vor allen Dingen sind es die Gerichte der Einzelstaaten, welche 
in dem umfassenden Bereiche des Rechtsschutzes, den sie zu gewähren 
* Laband, Staatsrecht d. deutschen Reiches I 615.
	        
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