282 I. Buch. Die Reichsgewalt.
unterliegenden Gebieten begründet war’. Es liegt auf flacher Hand,
dafs damit das Beschlufsrecht des Bundesrates nicht nur bei den durch
Reichsgesetz erforderlich gemachten Ausführungsmafsregeln,
sondern schon dann eintreten würde, wenn das Partikularrecht
ein. Verordnungsrecht für zulässig erklärt. Das aber steht in un-
auflöslichem Widerspruch mit dem Wortlaut der R.V.a. 7,2.
III. Innerhalb dieser formalen Grenzen, die das geforderte Ab-
hängigkeitsverhältnis zieht, ermächtigt die Verfassungsklausel den
Bundesrat nicht zu Ausführungsmalsreseln jeder Art. Vielmehr
bestimmt und beschränkt sie auch den Inhalt der Bundesratsbe-
schlüsse auf
„allgemeine Verwaltungsvorschriften und Ein-
richtungen“.
Das Gewicht, aber auch die Schwierigkeit der Auslegung be-
ruht auf dem Worte „Verwaltungsvorschrift“®. Denn es hat einen
doppelten Sinn.
Dasselbe kann eine objektive Bedeutung haben. Dann be-
zeichnet die Wortsilbe „Verwaltung“ den Gegenstand, den Inhalt der
Vorschrift. Es ist diejenige Bedeutung, welche in der neuern Theorie
die herrschende ist. Nach ihr sind Verwaltungsvorschriften solche
Vorschriften, welche die vollziehende Verwaltung in ihrem dienstlichen
Verhalten bei Handhabung und Durchführung der gesetzlichen Befehle
und Einrichtungen zum Gegenstande haben und welche sich darum
nicht an die Unterthanen, sondern an den hierzu berufenen Behörden-
organismus richten.
Das Wort „Verwaltungsvorschrift* kann aber auch eine subjek-
tive Bedeutung in dem Sinne haben, dals es den Urheber der Vor-
schrift bezeichnet. Hier begreift es alle diejenigen Vorschriften, welche
? Arndt, Verordnungsrecht, behauptet dies „als Regel“ S. 53, „im all-
gemeinen“ S. 57, in Anwendungsfällen S. 140. 141. Dagegen insbesondere
Laband, Staatsrecht d. deutschen Reiches I 597.
8 Die einzige, nicht weiter diskutierte Auslegung der R.V. a. 7,2 bei
seiner Redigierung und parlamentarischen Diskussion ist die Laskers: „Be-
fugnis des Bundesrates, allgemeine Instruktionen und Verfügungen zu
erlassen — —. Ferner hat das Verordnungsrecht nicht Specialverord-
nungen im Sinne, sondern nur allgemeine Instruktionen, welche nach
der Anweisung des Gesetzes zu erlassen sind“. — „Ich halte ein Kollegium,
wie der Bundesrat, — für besonders geeignet, allgemeine Instruktionen und
Verordnungen zu erlassen, welche wir ihm stillschweigend übertragen.“ —
Reichstagssitzung vom 7. Dez. 1870, Sten. Ber. S. 122 —. Nur bedarf diese
Auslegung ihrerseits der Auslegung. Sie kann aber jedenfalls keine Stütze
bieten für die Erweiterungen Arndts, Verordnungsrecht S. 49 ff.