286 II. Buch. Die Reichsgewalt.
setzes, welche Behörden in Bewegung gesetzt werden und welche Voll-
zugsmalsregeln zur Erreichung seines gewollten Erfolges erforderlich
sind. Aber die rechtliche Ermächtigung zu solchen Vollzugs-
malsregeln, wenn sie nicht im konkreten Falle einer durch ander-
weitige Gesetze nicht vorgesehenen rechtlichen Gestaltung bedürfen, ist
nicht erst bedingt durch eine besondere Vorschrift des auszuführenden
Gesetzes, sondern sie ist eine allgemeine, durch das anderweitige ob-
jektive Recht mit seinen Vorschriften und Ermächtieungen für die
vollziehende Gewalt gegebene.
Die Vollzugsmalsregeln, die dergestalt das positive Recht überall
zu Gebote stellt, sind doppelter Art.
Zu einem Teile sind es teehnische Veranstaltungen, „Ein-
richtungen“, welche — ohne Inanspruchnahme von Befehlsgewalten
gegen die Unterthanen durch dienstliche Verrichtungen oder privat-
rechtliche "Geschäfte bewerkstelligt — an sich nur einen Thatbestand,
aber kein Rechtsverhältnis darstellen.
Zu einem andern Teile sind es individuelle oder generelle „Vor-
schriften“, Anordnungen, welche die im objektiven Recht begründeten
subjektiven Befehlsgewalten, Dienst- oder Amtsgewalten gegenüber
subjektivrechtlichen Gehorsamspflichten zur Ausübung bringen. Ihre
rechtliche Natur schlielst daher jede Erzeugung objektiven Rechtes aus.
Und diese ihre Natur wird auch dadurch nicht verändert, dafs der
Ungehorsam gegen die Vorschriften strafbar ist. Denn freilich die
Pönalisierung selbst kann immer nur durch Rechtssatz in der Form
des Gesetzes oder der Rechtsverordnung erfolgen, aber strafwürdig und
nach positivem Rechte strafbar sind überall auch Thatbestände, welche
die Verletzung subjektiver, aus Rechtsgeschäften oder besondern Ge-
horsamsverhältnissen entspringender Verpflichtungen darstellen '*.
Der Inhalt der rechtlich so beschaffenen Vorschriften ist wesent-
lich ein dreifacher. Sie sind entweder Dienstanweisungen, In-
struktionen an die Behörden und Beamten, oder Verfügungen an
die Unterthanen oder in einer gewissen Mischung beider einseitig
ı# Wenn Arndt, Verordnungsrecht S. 35 ff., die Behauptung, dafs die
Ausführungsvorschriften der Zoll- und Steuergesetze auch Rechtssätze ent-
hielten und nicht nur Vollzugsverordnungen — „Verwaltungsvorschriften“ im
Sinne Labands —, wesentlich auch auf die Pönalisierungsklauseln stützt, "so
ist insoweit der Beweis milslungen. Freilich noch weit milslungener wäre
der Beweis, wenn er — 8. 42 — dadurch als geführt gelten sollte, dafs jene
Ausführungsvorschriften auch „die Gerichte rechtlich verpflichtende Normen
aufstellen können“. Als ob der Richter nicht unter zutreffenden Voraus-
setzungen Vollzugsverordnungen jeder Art auf ihre Gültigkeit hin zu prüfen
und seiner Rechtsprechung zu Grunde zu legen hätte.