$ 45. Der Umfang des allgemeinen Verordnungsrechtes. 987
festgestellte Bedingungen, unter welchen die Behörden die Ver-
waltunesgeschäfte mit den Interessenten, zu denen sie ermächtigt und
vielfach zugleich verpflichtet sind, abschliefsen, mögen diese Ver-
waltunesgeschäfte zu gewährende Vergünstigungen oder die Benutzung
gewisser Einrichtungen durch das Publikum betreffen '°®.
Die Wirkung nunmehr von R.V. a 7,2 ist es, das Reich und zwar
regelmälsig den Bundesrat zur Beschlufsfassung über alle diese Vollzugs-
malsregeln, „Einrichtungen und Vorschriften“ zu ermächtigen. Und
zwar ist die Ermächtigung hier, anders als bei den Rechtsverordnungen.
eine unmittelbare und allgemeine. Hier tritt die Verfassungs-
15 Nichts kann irrtümlicher sein als die Annahme, auf welche Arndt,
Verordnungsrecht S. 35 ff., insbesondere S. 42, wenn seine apodiktische Rede-
weise nicht trügt, den Beweis, dafs „Verwaltungsvorschriften“ auch Rechts-
sätze enthalten, zu einem wesentlichen Teile stützen will, — die Annahme
nämlich, dafs Vollzugsverordnungen, darum weil sie keine Rechtssätze er-
zeugen, nicht in eingreifendster und umfassendster Weise die Rechte und
Pflichten der Unterthanen bestimmen könnten. Je allgemeiner die den Be-
hörden eingeräumten Ämtsgewalten, je umfassender ihre Ermächtigungen sind,
die Bedingungen gewisser Verwaltungsgeschäfte, der Gewährung von Ver-
günstigungen, der Benutzung von Einrichtungen und Anstalten einseitig fest-
zustellen, desto mehr erfolgt die konkrete Gestaltung der Gehorsamspflichten
der Unterthanen und ihrer durch öffentliche Rechtsgeschäfte vermittelten Rechte
und Pflichten durch Ausübung freilich immer in Rechtssätzen begründeter,
subjektiver obrigkeitlicher Rechte, aber nicht durch Rechtssätze selbst. Das
gilt insbesondere im weitesten Umfang für den Bereich der Steuer- und Zoll-
gesetzgebung. Die Regulative z. B. über fortlaufende Konten — vom 22. De-
zember 1887, C.Bl. S. 585 —, über Privatlager — vom 24. Juni 1888, C.Bl.
S. 234 —, über öffentliche Niederlagen — vom 18. Juli 1888, C.Bl. S. 551 —,
aber auch die mannigfachen Bestimmungen in betreff der Steuerbefreiung des
zu gewissen Zwecken bestimmten Salzes — Ausführungsvorschriften zum Salz-
steuergesetz vom 18. Juli 1888, C.Bl. S. 484 — sind ihrem Inhalte nach wesent-
lich Vollzugsverordnungen. Sie und ähnliche Vorschriften entspringen dem
— in den verschiedenen Gesetzen verschieden gewandten — Rechtssatze:
Wer Stundung oder Befreiung von Steuern und Zöllen oder die Benutzung
solcher Einrichtungen, die die Disposition über die mit Steuerpflichten be-
lasteten Gegenstände erleichtern, für sich in Anspruch nimmt, der ist ver-
pflichtet, sich den Kontrollmafsregeln und Bedingungen zu unterwerfen, welche
die Verwaltungsbehörden innerhalb der gesetzlichen Grenzen für notwendig
und zweckmäfsig halten. Jene Regulative und Ausführungsbestimmungen
haben infolgedessen die doppelte Bedeutung, teils von Anweisungen für die
Behörden über die Handhabung der ihnen eingeräumten Kontrollgewalt und
über die Abschlielsung der Verwaltungsgeschäfte, zu denen sie ermächtigt
sind, teils — nach individueller oder genereller Insinuation — von Befehlen
oder einseitig festgestellten Bedingungen, zu deren Befolgung die Beteiligten
kraft jener Kontrollgewalt der Behörden oder kraft rechtsgeschäftlicher Unter-
werfung verpflichtet sind.