$ 46. Die Form und Wirkung des allgemeinen Verordnungsrechtes. 289
Beziehung zu der noch heute gültigen Vorschrift der Zollvereins-
verträge !”, dals zwar „die Verwaltung — in allen Ländern des Gesamt-
vereins auf gleichen Fuls gebracht werden soll“, jedoch „unter Berück-
sichtigung der in denselben bestehenden eigentümlichen Verhältnisse“.
Wir haben kein Recht zu der Annahme, dafls durch die Umstellung
des Artikels in die allgemeinen Verfassungsbestimmungen eine andere,
beschränktere Deutung hat herbeigeführt werden sollen. Daraus aber
folet, dafs auch Generalinstruktionen oder Generalverfügungen, also
allgemeine Ausführungsmafsregeln in diesem Sinne, doch dem Be-
schlufsrechte des Bundesrates dann nicht unterliegen, wenn ein Reichs-
gesetz die Berücksichtigung eigentümlicher Verhältnisse einzelner
Staaten vorschreibt oder zuläfst und zu dessen Ausführung Verwaltungs-
vorschriften oder Einrichtungen erforderlich sind — selbstverständlich
unter Vorbehalt der Regelung solcher Rückwirkungen, welche die Rechte
und Interessen des Reiches oder anderer Einzelstaaten berühren.
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Die Form und Wirkung des allgemeinen Verordnungsrechtes.
Bei der Frage nach der Wirkung der Bundesratsbeschlüsse weist
die politische Gestalt des zusammengesetzten Staates auf die Möglich-
keit einer doppelten Form des Verordnungsrechtes hin.
Unmittelbar nennen wir das Verordnungsrecht der Central-
gewalt, wenn dasselbe, genau so wie die unmittelbare Gesetz-
gebung, Rechtsverbindlichkeit für die Behörden und Unterthanen
in den Einzelstaaten gewinnt ohne die rechtliche Notwendigkeit
oder auch nur Zulässigkeit eines vermittelnden Willensaktes der
letzteren, mithin ausschliefslich kraft der Autorität des Bundes,
insbesondere kraft Ausfertigung und Verkündigung oder Insinuation
von Bundes wegen.
Mittelbar ist das Verordnungsrecht, wenn die Beschlüsse der
Centralgewalt zunächst nur für die Einzelstaaten als solche Rechts-
verbindlichkeit erzeugen und zwar des Inhaltes, dafs dieselben ver-
pflichtet werden, durch Vermittelung ihrer Autorität, durch Aus-
übung ihrer Verordnungsgewalt die den Beschlüssen der Central-
gewalt entsprechenden Rechtsverbindlichkeiten für die Behörden und
Unterthanen zu bewirken.
In diesem Sinne stellt das Beschlufsrecht des Bundesrates oder
des ihm gesetzlich substituierten Reichsorganes kraft R.V.a. 7,»
nur ein mittelbares Verordnungsrecht dar.
17 Zollvereinsvertrag vom 8. Juli 1867 a.3$ 6.
Binding, Handbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. I. 19