Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

8 46. Die Form und Wirkung des allgemeinen Verordnungsrechtes. 29] 
andere Form gewinnen sollte, als dasselbe für das Zoll- und Handels- 
wesen hatte und hat. 
Vor allen Dingen greift aber auch hier jenes Grundverhältnis ein, 
welches auf den Verwaltungsgebieten, die nur der Gesetzgebung und 
Beaufsichtigung des Reiches unterliegen, die Vollziehung den Einzel- 
staaten als ihr eigenes verfassungsmäfsiges Recht zuerkennt und ihnen 
damit die Dienstgewalt über ihr Behördensystem und die unmittel- 
bare Befehls-, die Amtsgewalt über ihre Unterthanen belälst. Wenn 
nun aber nach Umfang und Bedeutung das Hauptgewicht der R.V. a. 7 
auf den Vollzugsverordnungen beruht, so würde das unmittel- 
bare Verordnungsrecht des Bundesrates die Dienst- und Amts- 
gewalt, denen jene entspringen, im ganzen Geltungsbereich der Ver- 
fassungsklausel auf das Reich selbst übertragen. Das Reich würde 
berechtigt, jede autoritative Zwischenstellung der Einzelstaaten durch- 
brechend und beseitigend, die Behörden der Einzelstaaten ohne An- 
sehen ihrer hierarchischen Gliederung mit allgemeinen Dienstinstruk- 
tionen jeder Art unmittelbar zu versehen und an die Unterthanen all- 
gemeine Befehle, Verfügungen unmittelbar zu richten — genau so, 
wie gegenüber seinen eigenen Behörden und auf den Gebieten seiner 
eigenen und unmittelbaren Verwaltung. 
Eine solche Absicht, welche die ursprüngliche Grundstellung der 
Einzelstaaten in der Kompetenzverteilung des Bundesstaates in ihrem 
Kernpunkte trifft, kann unmöglich aus der Umstellung eines Ver- 
fassungsartikels und aus einer Formulierung desselben gewonnen wer- 
den, die einen solchen Sinn nicht einmal durch eine erweiternde 
Deutung, sondern nur in Widerspruch mit dem Wortlaut gewinnt. 
Die wahre Absicht ist dieselbe, welche einst den entsprechenden Be- 
stimmungen der Zollvereinsverträge zu Grunde lag. Die einheitliche 
und übereinstimmende Durchführung der Reichsgesetzgebung solle ihre 
Bürgschaft nicht nur in der specialisierenden Technik der Gesetz- 
gebung selbst und nicht nur in einer wesentlich negativen nachträg- 
lich wirksamen Beaufsichtigung, sondern in einer obersten Leitung der 
den Einzelstaaten zustehenden Vollziehung finden. Diese Bürgschaft 
gewährt R.V. a. 7, 2, indem er dem Reiche ein mittelbares Ver- 
ordnungsrecht d. h. das Recht zuspricht, das den Einzelstaaten zu- 
stehende Verordnungsrecht inhaltlich soweit zu bestimmen, dafs seine 
Ausübung in planmäfsiger Übereinstimmnng und Gleichmälsigkeit 
erfolst. 
ll. Mit der Mittelbarkeit des Verordnungsrechtes des Reiches, 
sofern und soweit es sich allein und unmittelbar auf R.V. a. 7 
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