Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

318 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
Gesetzgebungs- und Verordnungsrecht ihren Bedürfnissen entsprechend 
ausüben zu dürfen, als nicht eine Norm des Reiches in den verfassungs- 
mälsig vorgeschriebenen und darum bindenden Formen ergangen ist. 
Jene Auffassung würde überdies zum Abbruch des verfassungsmälsigen 
Rechtes des Reichstages gereichen. Denn das Mitwirkungsrecht desselben 
bei jeder objektivrechtlichen Regelung eines Kompetenz-Gegenstandes 
von Reichs wegen überall da, wo in Verfassung und Gesetz ein Reichs- 
verordnungsrecht nicht begründet ist, kann durch einen unter der 
Farbe der Beaufsichtigung gefalsten Bundesratsbeschluls nicht be- 
seitigt werden. Ja selbst eine allseitige Verständigung der Einzel- 
staaten im Bundesrate kann im konkreten Falle verfassungswidrig 
sein, wenn sie nämlich in fraudem der Rechte des Reichstages erfolgt, 
wie dies zweifellos dann der Fall sein würde, wenn ein Gesetzentwurf 
vom Reichstage abgelehnt wäre und derselbe alsdann auf Grund eines 
Bundesratsbeschlusses in der Form übereinstimmender Partikularver- 
ordnungen zur Geltung gebracht werden sollte. 
C. Wenn nach dem allen die Aufsichtsmittel, wie sie sich un- 
mittelbar auf Grund der Verfassung gestalten, nur beschränkt sind, 
so liegt es doch in der verfassungsmälsigen Kompetenz des Reiches, 
dieselben gemäls seinen Interessen und Bedürfnissen einer Fortbildung 
zu unterziehen. 
Die Beaufsichtigung kann Gegenstand des Ausführungsver- 
ordnungsrechtes nach näherer Mafsgabe der R.V. a. 7, 2 sein, soweit 
es sich nur um eine Regelung der Handhabung der Aufsichtsmittel 
handelt, wie sie dem Reiche auf Grund und in den Grenzen der 
Verfassung bereits zustehen. Dahin gehören die Bundesratsbeschlüsse, 
welche die Art und Weise der den Einzelstaaten obliegenden Aus- 
kunftserteilung näher bestimmen!* oder die allgemeinen Dienst- 
instruktionen für die Aufsichtsbeamten feststellen '°. 
Vor allem unterliegt die Beaufsichtigung innerhalb der Grenzen 
ihres verfassungsmälsigen Begriffes der Regelung im Wege der ein- 
fachen Gesetzgebung. So ist in einer Reihe von Fällen die Auskunfts- 
verpflichtung der Einzelstaaten verschärft worden zur Verpflichtung 
der Anzeige und laufenden Berichterstattung ohne vorgängige Auf- 
forderung !®. 
14 2. B. Beschlufs des Bundesrates vom 19. Dez. 1882 — Gaüpp, Ge- 
setzgebung II 125 —, betreffend Bestimmungen für die Aufstellung von Über- 
sichten über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit. 
15 S. o. unter A.I. 
16 Zollvereinsvertrag vom 8. Juli 1867 a. 5 IL $$ 5. 8, a. 8. Rinderpest- 
gesetz vom 7. April 1869 88 7. 9. 11. Viehseuchengesetz vom 23. Juni 1880 
8 7. Reblausgesetz vom 3. Juli 1883 8$ 6. 7.
	        
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