un
52. Verantwortlichkeit und Selbstverwaltung der Einzelstaaten. 319
Insbesondere besteht keinerlei verfassungsmälsiges Hindernis, die
Aufsiehtsmittel nicht nur im Sinne der Repression, sondern auch in
dem der Prävention zu gestalten, indem gewisse der Beaufsichtigung
unterliegende Malsregeln an eine vorhergehende Genehmigung gebunden
oder einem Einspruchsrechte!” der Reichsorgane unterworfen werden.
So hat das Invalidenversicherungsgesetz vom 22. Juni 1889 $ 42 für
die Errichtung der Versicherungsanstalten, die den Einzelstaaten ob-
liest, die Genehmigung des Bundesrates vorgeschrieben, so bedarf nach
dem Reeistrierungsgesetz vom 28. Juni 1873 8 2 der Namenswechsel
eines in das Schifisregister eingetragenen Schiffes und nach dem Gesetz
vom 5. April 1886 die Erhebung gewisser Abgaben auf der Weser
seitens Bremens der Genehmigung des Reichskanzlers '®.
Allein trotz dieser seiner Fortbildungsfähigkeit — das Beauf-
sichtigungsrecht wird nicht überall in der Lage sein, sein hervor-
ragendstes Ziel: die Aufrechterhaltung der Einheitlichkeit des Reichs-
rechtes in der partikularistischen Zersplitterung seiner Ausführung, zu
erreichen. Es wird dies überall da eintreten, wo die Beaufsichtigung
gegenüber dem verfassungsmälsig anerkannten Grundsatz der Unab-
hängigkeit der Rechtsprechung zu einer innerhalb der regelmälsigen
Kompetenz des Reiches unauflöslichen Antinomie führt.
8 52.
Verantwortlichkeit und Selbstverwaltung der Einzelstaaten.
Mit der Beaufsichtigung charakterisiert sich auf denjenigen Kom-
petenzgebieten des Reiches, für welche der Grundsatz der R.V. a. 4
Geltung hat, das rechtliche Grundverhältnis, welches
zwischen dem Reiche und den Einzelstaaten obwaltet.
I. Die Beaufsichtigung nimmt eine doppelte Voraussetzung. So-
lange bindende Normen von Reichs wegen nicht ergangen sind, steht
dem Einzelstaate die Wahrung seiner Interessen in Gesetzgebung und
Vollziehung nach eigener freier Erwägung und nach Malsgabe nur
seines inneren Staatsrechtes zu. Aber selbst nach Regelung der zu-
1" Im Gegensatz zur Beanstandung, welche die Entscheidung über die
Zulässigkeit einer Mafsregel an eine höhere Instanz zieht, ist der Einspruch
im technischen Sinne eine einseitige Verfügung, welche selber die beabsich-
tigte Mafsregel zu einer rechtlich unzulässigen macht.
18 In letzterem Gesetz wird die Genehmigung dadurch bewerkstelligt, dafs
der Reichskanzler nach $ 2 den Zeitpunkt der Erhebung der Abgaben fest-
stellt, wenn die im $ 1 näher bezeichneten Bedingungen seitens Bremens er-
füllt sind.