Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 53. Die „eigene und unmittelbare Verwaltung“ des Reiches. 325 
Unterthanen grundsätzlich zusteht, in eigentümlicher und besonderer 
Weise durchbrochen wird. Hierfür bietet nach beiden Seiten hin das 
hervorragendste Beispiel die Post- und Telegraphenverwaltung in ihrer 
doppelten Gestaltung. Sie bildet gemeingültig eine eigene und un- 
mittelbare Reichsverwaltung, aber sie ist gegenüber den sonderberech- 
tigten Staaten Bayern und Württemberg nur der Beaufsichtigung des 
Reiches unterstellt. 
2. Die Thätigkeitsformen, in denen die Vollziehung des 
Reiches sich bewegt, sind so verschiedenartige, als die vollziehenden 
Funktionen jedes Staates es sind. | 
Die unmittelbare und eigene Verwaltung des Reiches äufsert sich 
in Befehlen mit unmittelbarer Rechtsverbindlichkeit, seien dies Ver- 
fügungen an die Unterthanen oder Anweisungen an die Behörden und 
Beamten der Einzelstaaten. So der militärische Befehl des Kaisers 
und seiner Befehlshaber mit den entsprechenden unbedingten Ge- 
horsamspflichten, so überall da, wo eine Behörde des Reiches die 
Rechtsstellung einer Centralbehörde gegenüber den Behörden der 
Einzelstaaten einnimmt. 
Sie hat die Natur von Gewährungen, wenn durch die voll- 
ziehenden Willensakte des Reiches subjektive Öffentliche oder private 
Rechte unmittelbar begründet werden oder den Unterthanen der 
Genuls von Veranstaltungen oder Einrichtungen des Reiches gewährt 
wird. So wenn das Reich Korporationsrechte, Erfindungspatente, 
Eisenbahnkoncessionen erteilt oder Wasserstraisen oder wissenschaft- 
liche Anstalten zum Gebrauche der Interessenten verstattet. 
Sie bethätigt sich in rechtlichen Entscheidungen, durch 
welche bestehende Rechte oder Verpflichtungen autoritativ und mit 
unmittelbarer Bindekraft für die Parteien festgestellt werden. So in 
der Rechtsprechung des Reichsgerichtes und der Reichsverwaltungs- 
gerichte (Oberseeamt, Bundesamt für das Heimatswesen). 
Sie stellt sich in technischen Verrichtungen dar, seien 
dieselben geistiger oder mechanischer Art, wie dies die Kompetenzen 
der Seewarte, der physikalisch-teehnischen Reichsanstalt, der Reichs- 
druckerei aufweisen. 
Sie kann sich erschöpfen in privatrechtlichen Geschäften. 
Die Reichsbank, wenn sie zu einem Reichsinstitut schlechthin erhoben 
würde, würde darum nicht miuder einen Zweig eigener und unmittel- 
barer Reichsverwaltung darstellen, weil ihre Kompetenz ausschliefslich 
in der Eingehung und Abwickelung privatrechtlicher Geschäfte besteht. 
Endlich werden die verschiedenen vollziehenden Funktionen, 
welehe der Beaufsichtigung im specifischen Sinne dienen, dann
	        
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