Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

8 53. Die „eigene und unmittelbare Verwaltung“ des Reiches. 3927 
Damit ergiebt sich denn eine vierfache Gestaltung der voll- 
ziehenden Gewalt innerhalb der Rechtssphäre des Reiches: 
die „eigene und unmittelbare Verwaltung des Reiches“ in reiner 
Durchführung ; 
die Beaufsichtigung des Reiches schlechthin, als die Vollziehung 
ausschliefslich mittels der Einzelstaaten ; 
die eigene und unmittelbare Verwaltung des Reiches modifiziert 
durch einzelne, bestimmte Mitwirkungsrechte der Einzelstaaten; 
die Beaufsichtigung des Reiches verstärkt durch einzelne, be- 
stimmte Rechte unmittelbarer und eigener Verwaltung°. 
4. Durch die vierfache Gestaltung der vollziehenden Gewalt — 
zusammengehalten mit dem Gesetzgebungs- und Verordnungsrecht — 
wird endeültig das Zusammenwirken des Reiches mit den Einzel- 
staaten für die dem ersteren überwiesenen Verwaltungsaufgaben be- 
stimmt. 
Die rechtliche Wirkungsweise des Reiches ist hierbei überall da 
eine durchaus eigentümliche, die nur der Natur des zusammengesetzten 
Staates entspringt, wo und soweit dasselbe nur auf die Beaufsichtigung 
beschränkt ist. Denn findet die Beaufsichtigung auch eine zutreffende 
Analogie in der Erscheinung der korporativen Selbstverwaltung im 
Einheitsstaate, so bleibt sie doch eigentümlich gewandt durch die 
Natur ihrer Träger als Einzelstaaten. 
Dagegen ist die rechtliche Wirkungsweise des Reiches durchaus 
gleichartig mit der des Einheitsstaates und — in seiner Sphäre — 
des Einzelstaates überall da, wo und soweit demselben Rechte der 
eigenen und unmittelbaren Verwaltung zustehen. 
Gerade darum ist es für die Charakteristik des deutschen Staats- 
wesens und insbesondere für die Stellung der centralen Organisation 
in demselben von entscheidender Bedeutung, wie sich die verschiedenen 
Wirkungsweisen des Reiches und damit die Mitwirkungsrechte der 
Einzelstaaten auf die verschiedenen Verwaltungsgebiete oder „Amts- 
zweige“ des Reiches verteilen. 
Diese Verteilung aber läfst sich in systematischer Weise 
nicht gewinnen. Sie ist ausschliefslich nach praktisch-politischen Ge- 
sichtspunkten erfolgt. 
Man mag in einem groben Durchschnitt sagen, dafs die eigene 
® Die Motive des Stellvertretungsgesetzes sprechen hier von „Geschäfts- 
zweigen“, bei welchen „der Schwerpunkt in dem Recht der Aufsicht und 
Gesetzgebung liegt“.
	        
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