2 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates.
einen Staat Grolsherzogtum - Hessen als Notverordnung; in einer
geringeren Zahl von Staaten als einfache Verordnung !*. In einer
ferneren Minderzahl war die Zustimmung der Volksvertretung im
voraus erteilt, insbesondere dadurch, dals die Zustimmung zu dem
Augustbündnis oder zu den dasselbe vorbereitenden Verträgen mit
Preulsen die Ermächtigung zum Erlals der Wahlordnung in sich
schlols!”, Weitaus die Mehrzahl der Staaten, voran die Königreiche
Preulsen und Sachsen, erliefsen die Wahlordnungen in der Form kon-
stitutioneller Gesetze. Nirgends ist die Verfassungsmälsigkeit dieser
Verordnungen oder Gesetze in Frage gestellt worden.
Ebenso weist der Inhalt mannigfache Abweichungen auf. Aber
sie betreffen nur Punkte, welche die Grundbestimmungen des Reichs-
wahlgesetzes vom 12. April 1849: das allgemeine, direkte, geheime
Wahlrecht, nicht berühren. Daher haben auch sie keiner zuständigen
Seite Veranlassung gegeben zu der Behauptung, dafs sie der vertrags-
mälsigen Pflicht, die Wahlordnungen auf Grund jenes Wahlgesetzes
zu erlassen, widersprächen.
8. Die gewählten Abgeordneten wurden von dem hierzu ermäch-
tigten König von Preulsen auf den 24. Februar 1867 nach Berlin
einberufen. Nach erfoleter Eröffnung und nach seiner autonomen Konsti-
tuierung trat der Reichstag gemäls der von ihm angenommenen Ge-
schäftsordnung des preulsischen Abgeordnetenhauses in die Beratung
des vorgelegten Regierungsentwurfes der Verfassung ein. Die Vor-
beratung, die im ganzen Hause erfolgte und die in 22 Sitzungen
vom 9. März bis zum 10. April währte, ergab die Annahme einer grolsen
Reihe zum Teil tief einschneidender Abänderungen. Trotzdem konnte
der Präsident der Bundeskommissare die Zustimmung der verbündeten
Regierungen in Aussicht stellen mit Ausnahme zweier Punkte, von denen
dies eine Verfügung, ein Gesetz, eine Verordnung oder eine rechtsverbindliche
Verkündigung des Vertrages selbst sein. Überdies konnten die Wahlord-
nungen im Verhältnis zum aktivierten Reichswahlgesetz inhaltlich nicht blofs
„Ausführungsverordnungen“ im Sinne von Vollzugsverordnungen sein, sondern
sie mu[sten nach der thatsächlichen Lage der Dinge jenes Gesetz ändern
und ergänzen. Und zwar waren über Inhalt und Mafs dieser Änderungen
keinerlei Vereinbarungen unter den verbündeten Regierungen getroffen. Jede
derselben hatte sie auf ihre eigene Autorität und Verantwortlichkeit hin zu
treffen. Ist dies alles aber richtig, dann entscheidet auch lediglich die Parti-
kularverfassung, ob und in welcher Form eine Mitwirkung der Volksvertretung
erforderlich war.
18 Anhalt, Schaumburg-Lippe, Reuls ä. L.
17 Oldenburg, Reufs j. L., Sachsen-Weimar, Altenburg, Schwarzburg-
Rudolstadt.