$ 56. Das Wesen der Organisationsgewalt. 335
Unter allen diesen Gesichtspunkten hat die Darstellung der Reichs-
pflege zu erfolgen.
Sie entscheidet an erster Stelle, wieweit die Reichspflege eigene
und unmittelbare Verwaltung ist oder wieweit auch hier die Mit-
wirkungsrechte der Einzelstaaten eine verfassungsmälsige Zwischen-
stellung derselben begründen.
Sie entscheidet an zweiter Stelle über das Verhältnis der Reichs-
pflege zu den gleichartigen Rechten der Einzelstaaten, insbesondere
ob die erstere die letzteren nur beschränkt oder ausschlielst.
I. Kapitel.
Die Organisationsgewalt.
8 56.
Das Wesen der Organisationsgewalt.
Die Bezeichnung „Organisation des Staates“ hat eine doppelte
Bedeutung.
Im weiteren Sinne verstehen wir darunter die gegliederte Ord-
nung der Grundelemente, also der Organe und der Mitglieder des
Staates, in derjenigen Stellung und Formation jedes einzelnen und in
derjenigen Zusammenfügungsweise aller, welche ihn befähigen, seine
Aufgaben an und in der Volksgenossenschaft zu verwirklichen.
In einem engeren Sinne bedeutet das Wort nur die Ordnung
der Organe des Staates, als der Träger der Staatsgewalt in ihrer
Gliederung von Haupt- und Hülfsorganen; letztere wiederum in der
doppelten Stellung, welche die moderne Entwickelung überall aufweist
als das System der Behörden und als das System der Selbst-
verwaltungskörper.
Die Organisation in jeder Bedeutung ist notwendig selber Gegen-
stand der Thätigkeit des Staates, ist eine Aufgabe desselben und
bildet damit einen besonderen Zweig seiner Verwaltung. Die Befug-
nisse in Gesetzgebung und Vollziehung, welche die Herstellung und
Fortbildung, die Sicherung und Handhabung seiner Organisation in
Haupt und Gliedern bezwecken, ergeben die Organisationsgewalt des
Staates.
In einem gewissen Sinne ist dieselbe die oberste und vor-
vornehmste Gewalt. Denn die Organisation ist nichts als der
Ausdruck dafür, dafs der Staat überhaupt als ein selbständiges Wesen