$ 58. Die Mitgliedschaft der Einzelstaaten. 351
rechtlicher Bestimmungen und in der politischen Auffassung, nach
welcher der zusammengesetzte Staat die Gleichartigkeit der Staats-
formen seiner Glieder fordert. übereinstimmend die Vorschrift, dafs
die Verfassung der Einzelstaaten eine republikanische sein muls. Hier-
für übernimmt der Bund die Garantie und gewinnt damit das Recht,
der Orgauisationsgewalt der Einzelstaaten in ihrer obersten Bethäti-
sung Ziel und Schranken zu setzen!!. Ja die deutsche Reichs- und
die Unionsverfassung von 1849 ging noch einen Schritt weiter. Sie
schrieb nicht nur jedem deutschen Einzelstaate eine nach näheren
Malsgaben bestimmte konstitutionelle Verfassung vor, sondern machte
auch jede Änderung der Regierungsform desselben von der in den
Formen der Verfassungsänderung erteilten Zustimmung des Reiches
abhängig !?.
Die jetzige Reichsverfassung enthält keine ausdrückliche Bürg-
schaft oder Vorschrift für eine bestimmte Verfassungsform der Einzel-
staaten. Nur um der organischen Verbindung des Kaisertums mit dem
preufsischen Königtum willen ist das letztere eine verfassungsmälsige
Voraussetzung für das Reich. Im übrigen ist die Aufrechterhaltung
und Fortbildung der partikularen Verfassungen innere Angelegenheit
der Einzelstaaten, unbeschadet selbstverständlich der Befugnisse des
Reiches, die ihm aus den anderweitigen Kompetenzen der Friedens-
bewahrung und der Schlichtung von Verfassungsstreitigkeiten entstehen
können.
2. Ganz anders dagegen gestaltet sich das Verhältnis auf den-
jenigen Verwaltungsgebieten, welche einerseits die verfassungsmälsige
Kompetenz des Reiches bilden, und für welche andererseits — mangels
eigener und unmittelbarer Reichsverwaltung!? — die verfassungs-
mälsigen Mitwirkungsrechte zur Geltung kommen. Hier findet ein
Zusammenwirken beider Organisationen und darum auch notwendig
ein Zusammenstols beider Organisationsgewalten statt, dessen Ord-
nung sich in notwendiger Folgerung aus den verfassungsmälsigen
Grundsätzen über die Verteilung der Regierungsrechte im Reiche
ergiebt.
11 Amerikanische Unionsverfassung a. IV s. 4. Schweizer Verf. a. 6.
12 Reichsverfassung von 1849 88 186. 187. 195. Unionsverfassung 88 184.
185. 193.
13 Selbstverständlich ist, dafs da, wo dem Reiche eine volle eigene und
unmittelbare Verwaltung zusteht, jede Organisationsgewalt des Einzelstaates
cessiert, und dafs da, wo dem Reiche nur einzelne Rechte eigener und un-
mittelbarer Verwaltung zustehen, die zutreffenden Specialbestimmungen das
Verhältnis der beiderseitigen Organisationsgewalten bestimmen.