$ 59. Das „Staatsbürgerrecht“. 357
welche sich auf die Organisation des Staates als solche beziehen. Es
sind dies auf der einen Seite die „politischen“ oder im eminenten
Sinne staatsbürgerlichen Rechte, welche den Staatsbürgern einen be-
stimmten rechtlichen Einflufs auf die Organ- und Willensbildung des
Staates zuschreiben, sei'es in der eigentümlichen Weise der Selbst-
verwaltung, sei es in mannigfachen anderen Formen der Wahl-,
Instruktions-, Stimm- oder Petitionsberechtigung. Es sind dies auf
der anderen Seite diejenigen Verpflichtungen, die man als „all-
gemeine Treuepflicht“ bezeichnet hat?. Sie empfangen ihre
rechtliche Gestaltung wesentlich im Strafrecht durch die Verbote der
Angriffe auf die Integrität und Sicherheit des Staatsorganismus und
zwar dergestalt, dals die Staatsangehörigkeit das Thatbestandsmoment
bildet, welches einen solehen Angriff entweder überhaupt strafwürdig
macht oder doch die Strafe qualifiziert, insbesondere die Verwirkung
der Staatsangehörigkeit nach sich zieht.
Die Verteilung nun aber der staatlichen Befugnisse in Gesetz-
gebung und Vollziehung, welche diese besonderen Staatsbürger-
rechte und Unterthanenpflichten zum Gegenstande haben, erfolgt in
logischer Schlufsfolgerung aus der Natur des Bundesstaates dahin:
Sie fallen in derselben Weise und in demselben Mafse der Kompetenz
entweder des Bundes oder der Einzelstaaten anheim, als das Ver-
waltungsgebiet, dem jene Rechte und Pflichten angehören, verfassungs-
mälsig der Kompetenz des einen oder des anderen Teiles unterstellt
ist. Und dies ergiebt in specieller Anwendung auf die „politischen“
Rechte: soweit sich dieselben auf die Organ- und Willensbildung des
Bundes beziehen, kompetiert ihre Regulierung dem Bunde, soweit auf
die der Einzelstaaten, diesen.
Allein auch hier wird die logische Folgerichtigkeit durch das po-
sitive Recht durchbrochen.
Es geschieht dies durch die „grundrechtlichen“ Bestim-
mungen der Bundesverfassungen. Allerdings wo dieselben nur dazu
bestimmt sind, der Bundesgewalt Grenze und Richtung vorzu-
schreiben, sind sie ohne Bedeutung für die Kompetenzfrage, wie dies
grundsätzlich von den einschlagenden Vorschriften der amerikanischen
Unionsverfassung gilt”. Anders nach der Verfassung der Schweizer
5 Laband, Staatsrecht d. deutschen Reiches I 133 ff.
6 Daher verschmilzt die Regelung dieser organischen Pflichten mit der
Strafgewalt und mit der kompetenzmälsigen Verteilung der letzteren im
Bundesstaate.
? Einzelne Ausnahmen waren bisher nur durch a. 1 sect. 10 al. 1 be-
gründet, sind aber allerdings durch die die Aufhebung der Sklaverei be-
treffenden Amendements wesentlich erweitert.