Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 61. Die Finanzquellen des Reiches im allgemeinen. 375 
Art der Besteuerung ist seiner Kompetenz verschlossen, mag man 
hier die Bezeichnungen und Unterschiede von direkten und indirekten, 
oder von Ertrags-, Vermögens- und Einkommensteuern, oder von 
Produktions-, Verkehrs-, Gebrauchs- und Verbrauchssteuern zu Grunde 
legen, mag endlich die Besteuerung die Form der Abgabenerhebung 
oder aber die des Monopoles annehmen. 
Damit endlich haben die Bestimmungen des a. 70 der R.V. eine 
oanz andere Bedeutung gewonnen, als sie die des entsprechenden 
a. 66 des Regierungsentwurfes hatten. Sie enthalten nicht mehr eine 
verfassungsmälsise Begrenzung und Beschränkung der Finanzquellen, 
sondern sie sind nur noch eine Anweisung zur Aufstellung des Reichs- 
etats. Denn nur für eine solche und nicht für eine Feststellung der 
Einnahmen, der Finanzquellen hat es Sinn, wenn an erster Stelle als 
Deckungsmittel für den Finanzbedarf „die etwaigen Überschüsse der 
Vorjahre* aufgeführt werden !!. 
Kurz — die Umformung der aa. 70 und 4 Nr. 2 hat dem Reiche 
diesuveräne Bestimmungseiner Finanzquellen verfassungs- 
mälsig zugeschrieben. 
II. Wenn hiernach die Finanzwirtschaft des Reiches seiner Kom- 
petenz nach und in Rücksicht auf die ihm zu Gebote stehenden 
Finanzquellen sich von der Finanzwirtschaft eines Einheitsstaates nicht 
unterscheidet, so gewinnt sie doch durch ein doppeltes Moment. ein 
eigentümliches Gepräge. 
1. Das Besteuerungsrecht des Reiches ist dadurch ein von dem 
Besteuerungsrecht des Einheitsstaates verschiedenes, dafs dasselbe 
nicht nur die Unterthanen trifft, sondern auch die Einzelstaaten als 
solche zu Subjekten der Steuerpflicht machen kann. Das letztere ist die 
Eigenschaft der Matrikularbeiträge. Sie sind unter keinem 
Gesichtspunkte „Societätsbeiträge“, sondern nur Steuern!?. Denn sie 
beruhen nirgends auf einem obligatorischen Rechtsverhältnisse der 
Einzelstaaten untereinander, sondern ausschlielsliieh auf der über- 
geordneten Zwangsgewalt des Reiches als Beitragsberechtigten über 
i! In diesem Sinne hat auch der Antragsteller sein Amendement, welches 
jetzt den a. 70 bildet, aufgefafst. Verhandlungen des konstituierenden Reichs- 
tages S. 623. 
12? Laband, Staatsrecht, 1. Aufl., III2 330 ff. betrachtet sie einerseits 
als Steuern, beruhend auf dem formellen Rechtstitel des Etatsgesetzes, anderer- 
seits als Societätsbeiträge oder — 2. Aufl. 977 — als „Mitgliedschaftsbeiträge“, 
„beruhend auf dem materiellen Rechtstitel der Mitgliedschaft des Reichsver- 
bandes und des Anteiles an den Reichsausgaben, der, eivilrechtlich angesehen, 
sie als Societätsobligation qualifizieren würde“.
	        
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