Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

390 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
Bundesorgane, über eine veränderte Bestimmung der zur Abrechnung 
zu verstellenden Einnahmen, über die Fortdauer der bisherigen Zoll- 
vereinsverträge in ihren konstituierenden und ausführenden Bestim- 
mungen, um den norddeutschen Bund und dann das Reich sofort und 
ohne weiteres in den Besitz eines ausgedehnten Finanzzweiges zu 
setzen. 
Das ist geschehen durch den VI. Abschnitt, welchen zunächst die 
norddeutsche Verfassung und dann, nach dem Übergangsstadium des 
Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867, die deutsche Verfassung ent- 
hielt. Die darunter begriffenen Artikel 33 bis 40 haben eine dreifache 
Wirkung erzeugt. 
l. Sie verwandelten in engstem Anschlufs an die bisherige Ent- 
wiekelung des Zollvereins die Zölle, die Rübenzucker-, Salz- 
und Tabaksteuer für das ganze Reich, die Branntwein- und 
Brausteuer in Beschränkung auf die norddeutschen Staaten in sofort 
wirksame Finanzquellen des Reiches. 
2. Die R.V. a. 40 weiterhin erhob einen reichen, in der langjährigen 
Entwickelung des Zollvereins durchgearbeiteten Rechtsstoff gleichsam mit 
einem Federstrich zum Reichsrecht. Indem derselbe vorschrieb, 
dafs alle der Verfassung nicht widersprechenden Bestimmungen des 
Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867 — und dazu gehörten auch alle 
nicht abgeänderten Bestimmungen der früheren Zollvereinsverträge 
und der zum Vollzug derselben und zur weiteren inneren Ausbildung 
des Vereines getroffenen Vereinbarungen? — in Kraft bleiben sollen 
und nur noch in den durch die Reichsverfassung vorgesehenen Formen 
der Gesetzgebung und Verordnung abgeändert werden können, entzog 
er die Gesamtheit dieser rechtlichen Ordnungen den vertragsimälsigen 
Beliebungen der Einzelstaaten untereinander und stellte er sie wie in 
ihrer Fortbildung so in ihrer Fortgeltung ausschliefslich auf die 
Autorität des Reiches?®. 
2 Zollvereinsvertrag vom 8. Juli 1867 a. 1 und Schlufsprotokoll zu diesem 
Artikel. 
3 Dem Versuche, eine Fortdauer der vertragsmälsigen Zoll- und Steuer- 
gemeinschaft zwischen den deutschen Einzelstaaten neben dem Reiche zu 
konstruieren, ist damit jeder rechtliche Boden entzogen. Die Fortdauer ver- 
tragsmäfsiger Anschlüsse aufserdeutscher Staaten und Gebietsteile, die 
für Luxemburg auf früheren Verträgen mit sämtlichen Vereinsmitgliedern, 
für die österreichische Gemeinde Jungholz auf einem mit Bayern zur Zeit 
des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867 abgeschlossenen Vertrage beruhte, 
hat keinerlei Bedeutung für das Rechtsverhältnis zwischen den. deutschen 
Einzelstaaten unter der Herrschaft des Reiches. S. die einstimmige Litteratur 
bei Laband, Staatsrecht d. deutschen Reiches Bd. II $. 892 Note 3. Übrigens
	        
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