Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

420 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
Damit ist für Bayern und Württemberg der gemeingültige Grund- 
satz, welcher beide Verkehrsanstalten zu ausschliefslichen Finanzquellen 
des Reiches bestimmt und sie der unmittelbaren und eigenen Reichs- 
verwaltung unterwirft, in sein Gegenteil verkehrt, in eine nur legis- 
lative Reichskompetenz für ausschlielslich den Einzelstaaten zustehende 
Finanzquellen. Ja selbst die sonst gemeingültig auf den Gebieten der 
nur legislativen Reichskompetenz und damit der Selbstverwaltung der 
Einzelstaaten malsgebenden Vorschriften haben eine gewisse Ein- 
schränkung zu Gunsten erweiterter Rechte der eximierten Einzel- 
staaten gefunden. 
VI. Das Verhältnis der Reichsfinanzwirtschaft zu den Einzelstaaten. 
Ss 70. 
I. In dem Augenblicke, wo die Verfassung die Reichsfinanz- 
wirtschaft über die Gestalt einer Gesellschaftswirtschaft hinaushob, wo 
sie dem Reiche die Kompetenzen eines selbständigen, von den Einzel- 
staaten verschiedenen Wirtschaftssubjektes zuschrieb, war es durch 
die Natur der Sache gegeben, dafs die Kompetenzen des Reiches 
nicht beschränkt blieben auf Ermächtigungen zur Gesetzgebung, zur 
Verordnung und zur Beaufsichtigune. Der Grundsatz der Verf. a. 4 
konnte auf diesem Greebiete keine allgemeine Anwendung finden. 
Auch abgesehen von den Specialklauseln der Verfassung, mulsten 
dem Reiche in der Einziehung der der Reichskasse geschuldeten Ein- 
nahmen, in der Verteilung derselben an die einzelnen Verwaltungs- 
zweige, in der Behandlung der Vermögensbestände', in der Gebarung 
mit den Schuldverbindlichkeiten, in den verwickelten Manipulationen 
des Etats- und Rechnungswesens Thätigkeiten erwachsen, die eine 
Mitwirkung der Einzelstaaten als solcher ausschlielsen. Hier überall 
wurde das Reich auf eigene Organe angewiesen. Es hat dieselben 
als specifisch finanzielle Behörden geschaffen in dem Reichsschatz- 
amt, in der Verwaltung der Reichsfonds; im Reichsamt 
für Verwaltung der Reichseisenbahnen, im Reichspost- 
amt und, ‚wenn auch hier noch in provisorischer Anlehnung an 
preulsische Behörden, im Reichsrechnungshof und in der 
Reichsschuldenverwaltung. Alle diese Behörden führen nach 
1 So insbesondere die Verwaltung der Reichsfonds: des Kriegsschatzes 
— Gesetz vom 11. November 1871 —, des Invalidenfonds — Gesetz vom 
23. Mai 1873 —, des Reichsfestungsbaufonds — Gesetz vom 30. Mai 
1873 — des Reichstagsgebäudefonds — Gesetz vom 8. Juli 17381 —.
	        
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