428 II. Buch. Die Reichsgewalt.
dieses selbst die volle Erwirkung seines strafrechtlichen Schutzes. Es
ist dies der Fall des Hoch- und Landesverrats gegen Kaiser
und Reich.
Wenn es gilt, durch eine Kombination straf- und zwangsrecht-
licher Mittel die Staatsmacht einheitlich zusammenzufassen, um unter
den aulserordentlichen Verhältnissen einer Kriegsgefahr oder des
Massenungehorsams eine unwiderstehliche Sicherstellung des gesamten
Staatswesens herbeizuführen, erwächst dem Reiche das Recht des
Kriegs- oder Belagerungszustandes.
Wenn das Reich behufs Erfüllung seiner Aufgaben verfassuugs-
mälsig auf die Mitwirkung und mithin auf den Gehorsam der Einzel-
staaten angewiesen ist, wenn hierbei die Träger der Einzelstaatsgewalt
kraft positiver Rechtssatzung einer Strafgewalt nicht unterliegen, so
bedarf das Reich in dem Rechte der Exekution einer Zwangsgewalt
über die Einzelstaaten.
Diese drei Fälle sind es daher, welche eine besondere Gestaltung
der unmittelbaren Straf- und Zwangsgewalt des Reiches ausmachen
und welche einer besonderen Darstellung fähig und bedürftig sind.
2. Dem Bereiche eigener und unmittelbarer Verwaltungsbefug-
nisse des Reiches tritt auch hier das grofse Gebiet der nur seiner Be-
aufsichtigung und Gesetzgebung unterliegenden Verwaltungszweige
gegenüber. Hier stützt sich die Straf- und Zwangsgewalt des Reiches
auf den alle und jede Auslegung aller und jeder Kompetenzbestim-
mungen beherrschenden Grundsatz: Ist eine „Angelegenheit“ schlecht-
hin ohne besondere und ausdrückliche Begrenzung der Kompetenz des
Reiches zugeschrieben, so befalst dieselbe alle einer rechtlichen Ord-
nung fähigen und bedürftigen Seiten, befalst sie auch die rechtlichen
Schutzordnungen, die der primären Rechtsordnung der Angelegenheit
Halt und Nachdruck geben. Aber sie beschränkt sich auch für alle
diese Seiten auf die mit dem Schlagworte Beaufsichtigung und Gesetz-
gebung bezeichneten Regierungsrechte.
Daher steht denn auf diesem Gebiete unbezweifelt und unbe-
stritten die Regelung aller der Zwangsrechte dem Reiche zu,
welche nach seinem legislativen Ermessen zur Durchführung der Ord-
nung der behandelten Angelegenheit erforderlich sind — obwohl
irgend eine besondere Verfassungsklausel eine besondere Ermächtigung
hierfür nicht gewährt. Die :Reihe der Reichsgesetze bietet hierfür
überall die Belege®.
3 Weit überwiegend ist hierbei die Ordnung des Exekutivstrafrechtes.
Darüber hinaus z. B. Branntweinsteuergesetz vom 24. Juni 1887 $ 31.