Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 73. Der Kriegszustand. 437 
ordnungen persönlich verantwortlich und damit die bürgerlichen Be- 
hörden zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet sind. 
Auf der anderen Seite bezieht sich die Ermächtigung auf die 
gesamte vollziehende Gewalt, wie dieselbe im Sinne der preulsischen 
Gesetzgebung durch den Gegensatz von Gesetzgebung und richter- 
licher Gewalt sich bestimmt. Sie enthält das Verordnungsrecht der 
Behörden; ja dieses ist erweitert zu der Befugnis, Verbote jeder Art 
„im Interesse der öffentlichen Sicherheit“ unter der Strafandrohung 
bis zu einem Jahr Gefänenis zu erlassen!?. Sie beschränkt sich nicht 
auf das Gebiet der inneren Verwaltung, sie kann auch auf andere Ge- 
biete, z. B. die Finanzverwaltung, die Beamtendisciplin übergreifen. 
Sie befalst die Kompetenzen aller Instanzen, auch der Ministerial- 
instanz, ja sie schliefst es, wenn der Zweck es fordert, nicht aus, Ver- 
fügungen zu erlassen, welche regelmäfsig dem Landesherrn vorbehalten 
sind '?. 
“Aber so einschneidend auch die Wirkungen der Malsregel sind, 
so berührt sie an sich nur die verfassungs- und gesetzmälsigen Kom- 
petenzen der Behörden untereinander. .Sie ist die Koncentration 
militärischer und bürgerlicher Gewalten in der einen Hand des 
Militärbefehlshabers, aber sie ist, abgesehen. von dem sicherheits- 
polizeilichen Verbotsrechte, nicht eine Veränderung und Erweiterung 
der rechtlichen Grenzen derselben im Verhältnis zu den Unterthanen. 
Sie bleibt im Verhältnis zu diesen an die bestehenden Gesetze ge- 
bunden und kann denselben weitergehende Verpflichtungen und Be- 
schränkungen nicht auflegen, als die gesetzlichen Ermächtigungen der 
Behörden reichen. 
2. Aber auch diese Grenzen können zu einem bestimmten Teile 
durch eine weitere aulserordentliche Malsregel durchbrochen werden. 
Es ist dies in der Terminologie des preulsischen Gesetzes die Sus- 
pension der Artikel 5. 6. 7. 27. 28. 29. 30 und 36 der preulsischen 
Verfassungsurkunde. 
Sie ist Zusatzmalsregel, d. h. sie ist nicht unmittelbare ge- 
setzliiche Wirkung der Erklärung des Belagerungszustandes, sondern 
sie tritt nur kraft besonderer Erklärung ein, sei es dafs diese sofort 
in die Bekanntmachung des Belagerungszustandes aufgenommen oder 
nachträglich, unter Einhaltung der gleichen Formen, bewerkstelliet 
wird. 
12 Preufs. Gesetz $ 9b. 
13 Eine ausdrückliche gesetzliche Anwendung bildet die Bestätigung der 
militärgerichtlichen Urteile. Preufs. Gesetz $ 7.
	        
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