Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 80. Das Wesen der Kriegsmacht. 475 
ist nur ein notwendiges Mittel für die Bereitschaft, die ihr gestellten 
Aufsaben zu erfüllen. Ihre Natur vielmehr ist es, eine besondere 
Bewährung und Ausübung der Staatsgewalt zu sein behufs Aufrecht- 
erhaltung des äufsern und des innern Friedens. Und darum sind alle 
Dienste, die in der Kriegsmacht geleistet werden, organische 
Dienste, Staatsdienste in diesem weiteren Sinne. Sie 
werden nicht geleistet von den Unterthanen als solehen und darum 
blofs für den Staat und gegenüber den Organen des Staates. 
Vielmehr werden sie geleistet von allen an dem militärischen Gewalt- 
verhältnis Beteiligten in ihrer Eigenschaft als hierarchisch gegliederter, 
über- und untergeordneter Organe der Staatsgewalt. Auch der 
letzte Soldat ist trotz der unbedingten Unterwerfung unter die Be- 
fehle seines Vorgesetzten Mitträger der Staatsgewalt und Teilhaber an 
ihrer Ausübung, mag er selber gegen den äulseren Feind marschieren 
oder die Bewachung und Bewahrung des inneren Friedens hand- 
haben, oder mag er durch seine Einschulungs- und Hülfsdienste dazu 
beitragen, dals dies geschehe. 
Die militärischen Mannschaften als solche sind nicht Unterthanen, 
sondern Staatsdiener in besonderer, für sie eigentümlicher, rechtlicher 
Gestaltung. Die Offiziere, Unteroffiziere und die ihnen gleichgestellten 
Chargen des Sanitäts- und Maschineningenieurscorps sind nicht Be- 
amte im technischen Sinne, sondern Staatsdiener in einem wenn auch 
dem Beamtenverhältnisse analogen, doch von ihm verschiedenen, eigen- 
tiimlichen Rechtsverhältnisse, auf welches daher nicht die Reichs- 
beamtengesetze, sondern besondere rechtliche Bestimmungen über Be- 
fähigung, Diseiplin, Strafrecht, Strafprozels, Unterhalt, Gehalt, Pensio- 
nierung und über Rückwirkung des Dienstverhältnisses auf andere 
Rechtsverhältnisse Anwendung leiden. Beide aber — die Militärpersonen 
des „Soldatenstandes“ — stehen in dem durch den unbe- 
dinsten Gehorsam qualifizierten und durch diesen für beide gleich- 
artigen militärischen Staatsdienstverhältnisse. 
3. Die rechtliche Begründung des militärischen Gewalt- 
verhältnisses wird beherrscht durch den Grundsatz der allgemeinen 
Wehrpflicht, den R.V. aa. 58. 59 verbürgen und den die deutschen 
Wehrgesetze vom 9. November 1867 und vom 11. Februar 1888 durch- 
geführt und in der Landsturmpflicht erweitert haben. Hiernach ist 
der Eintritt in das Gewaltverhältnis Verpflichtung der Unterthanen 
kraft Gesetzes, wenn dieselbe auch erst nach Aufforderung zu erfüllen 
ist. Die militärischen Dienste sind Zwangsdienste. Nur da, wo die 
Organisation und Handhabung der Kriegsmacht die Steigerung der 
militärischen Dienste zum Lebensberufe oder doch zu einer über das
	        
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