496 II. Buch, Die Reichsgewalt.
eine eigentümliche Wendung durch die Klausel des a. 63,5 R.V. er-
fahren, welche lautet:
„Behufs der Erhaltung der unentbehrlichen Einheit in der Ad-
ministration, Versorgung, Bewaffnung und Ausrüstung
aller Truppenteile des deutschen Heeres sind die bezüglichen künf-
tig ergehenden Anordnungen für die preufsische Armee den
Commandeuren der übrigen Kontingente, durch den in Art. 8
Nr. 1. bezeichneten Ausschuls für das Landheer und die Festungen,
zur Nachachtung in geeisneter Weise mitzuteilen.“
Bei der Auslegung dieser Klausel ist zunächst festzuhalten, dafs
die Formen, die sie anordnet, sich lediglich auf einzelne be-
stimmte Gegenstände des Verordnungsrechtes beziehen. In Bezug
also auf alle anderen Gegenstände bleiben die Vorschriften über das
Verordnungsrecht, welche für alle übrigen Kompetenzzweige des Reiches
gelten, auch im Gebiete des Militärwesens mafsgebend. Das gilt so-
wohl für die Form als für das Subjekt des Verordnungsrechtes. Nur
darf man es als die auch von der Reichsgesetzgebung anerkannte Ab-
sicht der Reichsverfassung behaupten, dafs die kaiserliche Verordnung
überall da an die Stelle der Regel des bundesrätlichen Verordnungs-
rechtes? treten soll, wo es sich um die in den Absätzen 1—4 des
a. 63 R.V. mit dem kaiserlichen Befehl verbundenen Angelegenheiten
der Organisation und Formation, der Erhaltung der Einheit in Be-
waffnung® und Kommando, in Ausbildung der Mannschaft und Qualifi-
kation der Offiziere handelt”.
Die Klausel spricht fernerhin nicht blois von Verordnungen des
Kriegsherrn, sondern sie betrifft nicht minder die umfassenden
Anordnungen, welche, teils selbständigen, teils erläuternden Charakters,
nach Malsgabe der preußischen Grundsätze zur Kompetenz des preulsi-
schen Kriegsministeriums gehören.
Vor allen Dingen aber charakterisiert sich die Klausel durch ein
Doppeltes.
1. Sie enthält ihrem Wortlaut und Sinne nach keinerlei materi-
5R.V.a.7 No. 2.
6 Allerdings kehrt der Ausdruck „Bewaffnung“ auch im Abs. 5 des
a. 63 wieder, allein hier handelt es sich um die Verwaltung des Waffen-
wesens (Aufbewahrung, Versorgung der Truppen mit den Waffen, Erhaltung,
Reparatur und Wiederablieferung durch dieselben), während Abs. 3 die Be-
stimmung der einheitlichen Waffen betrifft.
? Daher sind z. B. die Verordnungsrechte des Kaisers nach Militärgesetz
vom 2. Mai 1874 88 6. 7. 8. 17. 71, Militärgesetz vom 11. Februar 1888 $ 86
im wesentlichen nicht neue, sondern der Verfassung entsprechende Er-
mächtigungen.