$ 84. Militärische Gesetzgebung und Verordnung. 497
elles Verordnungsrecht oder auch nur formelles Publikationsrecht der
deutschen Landesherren. Vielmehr nimmt dieselbe lediglich die
Mitwirkung eines Organes des Reiches, des Militärausschusses
des Bundesrates, in Anspruch, zu dem Zwecke, um durch dasselbe
den in der Form von Anordnungen für die preufsische Armee ergehen-
den Anordnungen die Gemeingültigkeit zu verschaffen. Und zwar ist
diese Mitwirkung keine andere als die „in geeigneter Weise“ erfolgende
Mitteilung nicht an die Landesherren, sondern an die Commandeure
der übrigen Kontingente®, welche dadurch unmittelbar und nicht erst
kraft Vermittelung eines landesherrlichen Verordnungs- oder Publi-
kationsrechtes zur Nachachtung verpflichtet werden®. Nur für
Ss Es entspricht dies dem preufsischen Grundsatze, welchen die Instruktion
für die Intendanturen vom 16. Januar 1821 $ 7 ausspricht, dafs alle Vor-
schriften, wonach sich die Truppen richten sollen, durch die kommandierenden
Generale erlassen werden müssen.
° Laband — insbesondere im Archiv f. ö. R. III 509. 510 — be-
hauptet, dafs dem Kontingents- oder Landesherrn nach R.V. a.*63 al. 5 ein
formelles Verordnungsrecht, das heifst eine Publikation der preufsischen
Armeeverordnungen, als rechtliche Bedingung ihrer Rechtsverbindlichkeit, zu-
stehe. Er begründet dies zunächst mit der Auffassung, dafs die Mitteilung
der preufsischen Verordnungen „an“ den Ausschufls, darum an die Kon-
tingentsherren geschehe, weil der Ausschuls aus Bevollmächtigten der
Landesherren besteht. Allein abgesehen davon, dafs in dem Ausschufs, dessen
Mitglieder der Kaiser ernennt, nur einige Landesherren durch ihre Bevoll-
mächtigten vertreten sind, während die Verfassung — unbeschadet der
Möglichkeit besonderer Konventionen — eine gleiche Rechtsstellung aller
Landesherren im Auge hat, abgesehen davon, dafs der Ausschufs als solcher
nicht um seiner Zusammensetzung willen Repräsentant der Landesherren,
sondern trotzdem Organ des Reiches ist, so spricht die Verfassung über-
haupt nicht von einer Mitteilung an den Ausschufs — diese Mitteilung ist
als Bureausache gar nicht Gegenstand ihrer Bestimmung — sondern nur von
einer Mitteilung durch den Ausschufs an die Commandeure. Diese letztern
sind die Adresse, die einzig und allein die Verfassung feststellt. — Laband
behauptet weiter, dafs darum, weil die Mitteilung an die Commandeure „in
geeigneter Weise“ durch den Ausschuls zu erfolgen habe, die „Mitglieder des
Bundesratsausschusses“ diese Mitteilung ihren Landesherren und deren Re-
gierungen, insbesondere ihren Kriegsministerien zu übermitteln haben „behufs
weiterer Erledigung“. Allein mag man dies auch als zulässig erachten, so
ist es doch nach dem Verfassungstext der Bundesratsausschufs als solcher, nicht
aber sind es seine einzelnen Mitglieder, dieüber die geeignete Weise zu entscheiden
haben; ein Recht der Landesherren auf eine bestimmte Weise der Mitteilung
ist nicht konstituiert. Vor allen Dingen — nach dem Verfassungstext muls jede
„geeignete Weise“ eine „Mitteilung an die Commandeure“ „durch den Aus-
schufs“ bleiben. Der gewählte Umweg kann daher immer nur eine Courtoisie
darstellen, welche dem Landesherrn und dessen Behörden lediglich eine
bureaumäfsige, unselbständige Vermittelung übrig läfst. Er darf dagegen
Binding, Handbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. 1. 32