502 II. Buch. Die Reichsgewalt.
Sie beziehen, trotz der übrigens wörtlichen Anlehnung an den ent-
sprechenden Satz der Grundzüge, das Recht und die Pflicht des Kaisers
für die Vollzähligkeit und Kriegstüchtigkeit, sowie dafür Sorge zu
tragen, dafs Einheit in der Organisation und Formation, in Bewaffnung
und Kommando, in Ausbildung der Mannschaft und der Qualifikation
der Offiziere hergestellt und erhalten wird, nicht blofs auf die Kon-
tingente als Einheiten, sondern auf „alle Truppenteile“ innerhalb
des deutschen Heeres, unangesehen ihrer Stellung als Kontingente
oder im Kontigente. Der Befehl des Kaisers greift daher folgeweise
unmittelbar in den Verband des Kontingentes ein. Er bestimmt,
selbstverständlich innerhalb des reichsgesetzlichen Rahmens der Organi-
sation und der Dienstpflichten, nicht nur die Gliederung der Kontin-
gente innerhalb des Gesamtverbandes des Reichsheeres, sondern auch
„die Einteilung der Kontingente“. Er „bestimmt den
Präsenzstand der Kontingente“, d. h. von seinen Befehlen
hängen innerhalb des Rahmens der gesetzlichen Friedenspräsenzstärke
nicht nur die Gesamtzahl der einzustellenden Rekruten ab, sondern
auch die Stärkeverhältnisse der Waffengattungen und der einzelnen
Truppenteile, sowie die zeitlichen Schwankungen der normalen Mann-
schaftszahl durch notwendige Verstärkungen, durch allgemeine Beur-
laubungen, durch Bestimmung des Zwischenraumes zwischen der Ent-
lassung der Reserven und der Einstellung der Rekruten. Der Kaiser
stellt die Mängel ab, welche bei den Inspektionen der Kon-
tingente wahrgenommen werden, durch unmittelbare Befehle an die
zutreffende Stelle. Er bestimmt die Garnisonen aller Truppenteile.
Er organisiert die Landwehr. Er befiehlt „die kriegsbe-
reite Aufstellung eines jeden Teiles des Reichsheeres,
dergestalt dals die Einberufungen der Reserve und Landwehr?, der
‘Aufruf, die Organisation und Auflösung. des Landsturmes, die Fest-
stellung des Mobilmachungsplanes unmittelbar und ausschlielslich an
den kaiserlichen Befehl geknüpft ist?®.
I. Nur innerhalb dieser dem Kaiser zustehenden Befehlsgewalt
bewegt sich die Bedeutung, welche verfassungsmälsig dem Kontin-
gente und den Rechten der Landesherren beigelegt ist.
2 Auch die Einberufung zu den jährlichen Übungen steht dem komman-
dierenden General und nicht dem Kontingentsherrn zu — Wehrgesetz vom
9. November 1867 8 8 —, die Einberufung der Landwehrmänner ersten Auf-
gebotes über 32 Jahre zu den gesetzlichen Übungen nur dem Kaiser selbst —
Kontrollgesetz vom 15. Februar 1875 8 4 —.
3 R.V. a. 63, 3 u. 4. Wehrgesetz vom 9. Nov. 1867 88 8.9. Militärgesetz
vom 2. Mai 1874 8 6 und vom 11. Februar 1888 88 25. 33.