910 II. Buch. Die Reichsgewalt.
sächlicher modus vivendi ohne die Kraft, die dem Reiche und dem
Kaiser zustehenden Kompetenzen und Rechte ändern zu können, die
letztere allerdings in vertragsmälsiger Bindung derselben. Hiernach
beschränkt die württembergische Konvention die Organisationsgewalt
des. Reiches durch vertragsmälsige Feststellung der württembergischen
Formationen, sie beschränkt die Befehlsgewalt des Kaisers durch er-
weiterte Rechte der Offiziersernennung des Königs, durch ein Zu-
stimmungsrecht desselben zu Dislozierungen, durch seine Vernehmune
bei Ernennung württembergischer Offiziere zum Reichsdienst, ja sie
beschränkt nicht nur, sie verdeckt den kaiserlichen Befehl in seiner
unmittelbaren Wirksamkeit, wenn die Vermittlung des Königs zur Ab-
stellung der bei den Inspizierungen entdeckten Mängel erforderlich
ist?®. Aber trotzdem gelten in allem, was über die ausdrücklichen
Vertragsklauseln hinausliegt, die verfassungsmälsigen Bestimmungen
über die Befehlsgewalten des Kaisers mit ihrer unmittelbaren Wirk-
samkeit auch für Württemberg”‘. Darum stehen auch dem König
von Württemberg die regelmälsigen Befehlsgewalten über den Armee-
corpsbezirk nicht zu, auch für Württemberg ist ihr nächster Inhaber
der kommandierende General. Damit ist die Ableitung des militärischen
Befehles vom Kaiser auch für und in dem württembergischen Kon-
tingente geboten und die Angliederung der württembergischen Armee
als eines Bestandteiles des einheitlichen deutschen Heeres durch den
Befehl des Kaisers nicht nur im Kriege, sondern auch im Frieden
gewahrt.
3. Die militärische Verwaltung.
S 86.
Die vermögensrechtliche Grundlage.
Wenn von der militärischen Befehlshabung die militärische Ver-
waltung in einem engeren Sinne — denn in einem weiteren Sinne
umfalst letztere beides — unterschieden wird, so bleiben doch beide
aufeinander angewiesen, und es ist darum für beide die strengste Ein-
heitlichkeit in Gesetzgebung und Vollziehung geboten. Das gilt un-
bedingt für die thatsächliche Gestaltung und dem praktischen Erfolge
nach. Nur von dem formal rechtlichen Standpunkte aus kann die
Frage aufgeworfen werden, ob nicht beide einer verschiedenen Be-
25 S. württembergische Konvention aa. 1. 5. 6. 7. 9.
26 So insbesondere die ausschliefsliche Bestimmung des Präsenzstandes,
die Einberufung von Reserven, Landwehren, Landsturm etc.