$ 87. Die innere Militärverwaltung. 5923
rechtliche Stellung zuzuschreiben als im Dienste des Reiches und des
Kaisers, dem sie in allen ihren dienstlichen Verrichtungen zu un-
bedinstem Gehorsam verpflichtet sind.
Zu dem anderen Teile der Militärverwaltung aber, zu dem be-
sondere Instanzen — abgesehen zunächst von den Kriegsministerien —
berufen sind, wird sie geführt von Reichsbeamten. Nach dem
Wortlaut des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 ist Reichs-
beamter im Gegensatz zum Landesbeamten nicht nur der nach R.V.
a. 18 vom Kaiser angestellte, sondern auch der Beamte, der nach den
anderweitigen Bestimmungen der Reichsverfassung den Anordnungen
des Kaisers Folge zu leisten verpflichtet ist. Allerdings ist er es nur
„im Sinne dieses Gesetzes“. Aber das Reichsbeamtengesetz ist es
gerade, welches darüber entscheidet, wer Reichsbeamter ist und darum
alle Rechte und Pflichten eines solchen besitzt. Alle militärischen
Beamten nun aber — sowohl die „Militärbeamten“ als die „Civil-
beamten der Militärverwaltung“ — sind nach R.V. a. 61 dem Befehle
des Kaisers unterworfen. Dem Kaiser stehen auch über sie die ge-
setzlich von ihm in Person über die Reichsbeamten auszuübenden
Rechte in allgemeinen Anordnungen und Verfügungen zu, wie er denn
insbesondere allein Militär-Intendanten in den einstweiligen Ruhestand
versetzen kann!°. Die militärischen Beamten unterliegen der Dis-
ciplinargewalt von Reichs wegen; das förmliche Diseiplinarverfahren
gegen sie erfolgt vor besonderen Reichsbehörden: Diseiplinarkammer
oder Diseiplinarkommission !! und Disciplinarhof. Kurz — stehen ihnen
alle Rechte und Pflichten der Reichsbeamten zu, so heilst das nichts
anderes als die Dienstgewalt über die militärischen Beamten steht dem
Reiche und nicht den Einzelstaaten zu, auch dann, wenn den Einzel-
staaten ein Recht der Patronage verbleibt'?.
Im Sinne der Reichsgesetzgebung sind denn aber auch die parti-
kularen Kriegsministerien — das sächsische, das württem-
10 Reichsbeamtengesetz $ 25.
11 Letztere für die ausschliefslich der Disciplin der Militärbefehlshaber
unterliegenden Militärbeamten. Nur für richterliche Militärbeamten sind bis
auf weiteres die partikularen Disciplinarinstanzen stehen geblieben. Reichs-
beamtengesetz $ 158.
12 Die Auffassung Labands: die militärischen Beamten seien nicht
Reichsbeamte, sondern Landesbeamte, auf welche das Beamtengesetz nur
Anwendung findet — Staatsrecht d. deutschen Reiches I 418, II 704 —, ist
eine volle Verkehrung und nicht mehr eine Auslegung des Gesetzes nach
Wortlaut und Sinn. Sie ist begreiflich nur aus dem Irrtum, als ob die mili-
tärischen Beamten dem Kaiser nach der Verfassung nicht zum Gehorsam
verpflichtet seien. Das Gegenteil aber besagt R.V. a. 61.