$ 92. Die völkerrechtliche Stellung der Einzelstaaten. 549
deutschen Konsulate dergestalt vollendet ist, dafs die Vertretung der
Einzelinteressen aller Bundesstaaten als durch die deutschen Konsulate
gesichert von dem Bundesrate anerkannt wird“. Auch der letzte Vor-
behalt ist längst erledigt.
2. Sodann ist das Reich durch R.V. a. 50 al. 2 ausschliels-
lich für kompetent erklärt für die Wahrnehmung der Beziehungen
der Reichspost- und Reichstelegraphenverwaltung? zu andern Post-
und Telegraphenverwaltungen.
3. Endlich ist das deutsche Reich ausschlie[slich berufen,
die Interessen und Rechte der deutschen Schiffahrt auf der
See zu vertreten.
Es ergiebt sich dies einesteils aus dem Grundsatze des freien
Meeres, andernteils aus den Speecialbestimmungen der Verfassung.
Die Freiheit des Meeres, soweit dieser Grundsatz nicht in seinem
territorialen Geltungsbereich durch die Nationalität der Küstengewässer,
Häfen, Buchten etc. überhaupt ausgeschlossen ist, bedeutet nicht blofs
negativ die Zurückweisung des Eigentumrechtes eines einzelnen Staates
an der offenen See, sondern positiv das Recht jedes Staates, für sich
und seine Angehörigen das Meer in seiner. doppelten Eigenschaft als
Stralse und als Fundgrube wirtschaftlicher Güter in voller Gleich-
berechtigung mit jedem andern zu benutzen. Daraus folgt, dals. die
nationalen Schiffe auf hoher See ausschlielslich der staatlichen Herr-
schaft ihres eigenen Staates unterworfen bleiben. Es folgt, dafs kein
einzelner Staat, sondern nur Verträge und anerkannter völkerrecht-
licher Brauch die Ordnungen vorschreiben können, welche für den
Seeverkehr erforderlich sind. Es folgt endlich, dafs jeder Staat das
Recht hat, Beeinträchtigungen seiner Befugnisse und der anerkannten
Verkehrsordnungen durch Ausübung der Seepolizei zu verhindern und
zu beseitigen.
Allein auf der andern Seite ist es, als Voraussetzung der Teil-
nahme an der Freiheit des Meeres, ein nicht minder völlkerrechtlich
anerkannter Grundsatz, dafs jedes Schiff als Staats-, Kriegs- oder Kauf-
fahrteischiff unter dem Schutze und unter der Verantwortlichkeit eines
anerkannten Staates stehen und dals es diese seine Zugehörigkeit in
äulserlich erkennbarer Weise manifestieren muls. Das ist die recht-
liche Bedeutung der nationalen Flagge. Die Erteilung der Berechti-
gung zur Flagge berechtigt und verpflichtet den Staat, das Schiff im
völkerrechtlichen Verkehr zu vertreten, und die äufserliche Führung
5 Also mit Ausschlufs der partikularen Post- und Telegraphenverwaltung
Bayerns und Württembergs nach näherer Malsgabe der R.V. a. 52.