Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

590 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
leisten haben!®. Denn wenn auch durch dies alles die Rechtsstellung 
der Landesfremden in benachteiligender Weise berührt werden konnte, 
so geschah dies doch nicht durch eine ungleiche Behandlung derselben 
nach Maisgabe des Partikularrechtes eines einzelnen Staates, sondern 
durch den Mangel einer verpflichtenden Ordnung der zwischenstaat- 
lichen Beziehungen, welche R.V. a. 3 nicht bewirken wollte und 
konnte. Die in dieser Beziehung geforderte Ergänzung des In- 
digenates konnte nur erfolgen und ist nur erfolgt entweder [durch 
besondere Verträge der Einzelstaaten oder auf Grund der Kompe- 
tenzen des Reiches zur Regelung der zwischenstaatlichen Rechts- und 
Verwaltungshülfe. . 
-5. Das Indigenat endlich gewährt keinesubjektiven Rechte, 
welche eine Reichsangehörigkeit begründen oder durch die Reichs- 
angehörigkeit als solche bedingt sind!!. Vielmehr verwirklicht sich 
dasselbe immer nur in konkreten Rechten und in einem konkreten 
Ausmals von Pflichten, welche durch die partikulare Rechtsordnung 
begründet werden, und es knüpft dieselben nicht an die Reichsange- 
hörigkeit, sondern an den Thatbestand der Angehörigkeit zu einem 
anderen deutschen Einzelstaat, als derjenige ist, unter dessen Herr- 
schaft jene Rechte und Pflichten zur Geltung kommen. Das Indigenat 
wird geltend gemacht durch die Verneinung der Rechtskraft jeder der 
gleichen Behandlung der Landesfremden und Einheimischen entgegen- 
stehenden Rechtsnorm, durch die Behauptung einer bestimmten Ge- 
staltung des objektiven Partikularrechtes, welche nicht Inhalt, sondern 
Voraussetzung subjektiver Rechte ist!?. 
10 Das Indigenat an sich begründet keinerlei Verpflichtung zur Be- 
strafung von Verbrechen gegen die auswärtige Rechtsordnung oder zur straf- 
prozessualischen Auslieferung sei es der Einheimischen, sei es der Landes- 
fremden, oder zur Vollstreckung auswärtiger Civil- oder Strafurteile oder zur 
Erledigung von Regquisitionen auswärtiger Behörden. Dagegen behindert es 
auch nicht die Auslieferung Landesfremder an den anderen Einzelstaat; denn 
dieselbe enthält nicht eine ungleiche Behandlung Landesfremder und Ein- 
heimischer, sie ist die Gestellung des Angeschuldigten vor die als kompetent 
anerkannte Strafbehörde, die für die Landesfremden die Form der Auslieferung 
annimmt, aber mit der Zwangsvorführung des Einheimischen rechtlich identisch 
ist. S. den Bericht des Justizausschusses des Bundesrates, Hirths Annalen 
1869, insbes. S. 31ff. Die abweichende Ansicht von Spinola — Goltdammers 
Archiv XX 321 — ist durch Schwarze und Francke daselbst XXI 64 u. 72 
widerlegt. 
11 Dies geschieht nur durch das letzte Alinea der R.V. a. 3, welches 
eben deshalb in keiner Beziehung zum Indigenat steht. 
12 Ganz anders gestaltete sich das Indigenat nach dem preufsischen Ver- 
fassungsentwurf von 1866 a. 3, der bestimmt: „Im Umfange des Bundesgebietes
	        
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