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Ill. Abschnitt.
Die Wohlfahrtspflege.
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Übersicht.
I. Jede systematische Darstellung der positivrechtlichen Gestal-
tung der Wohlfahrtspflege eines Staates wird und muls sich einfügen
in den Rahmen, der gebildet wird durch die vier Kategorieen der sitt-
lichen Güter, welehe — und insofern sie — ihre Bedingung und darum
ihre Bearbeitung in der Gesellschaft finden: das persönliche Leben,
die Gesellschaft selbst, die Wirtschaft und die geistige Kultur. Den-
jenigen Teil der Entwickelung dieser Güter, welchen der Staat neben
und über den andern Formen des gesellschaftlichen Zusammenwirkens
durch seine Thätigkeit übernimmt, bilden die entsprechenden vier Ver-
waltungsgebiete der Pflege des persönlichen Lebens, der
Gesellschaftspflege, der Volkswirtschaftspflege und der
Pflege des geistigen Lebens.
Aber die Einreihung der einzelnen Erscheinungen in diese Kate-
gorieen und Gebiete wird um der Technik des positiven Rechtes wie
um der Technik der Darstellung willen niemals vollkommen den
logischen Anforderungen entsprechen.
Alle einzelnen gesellschaftlichen Güter, die Aufgaben des Staates
bilden, stehen in einem Verhältnis gegenseitiger Bedingtheit und gegen-
seitiger Ergänzung. Darum lassen die staatlichen Ordnungen, Ver-
richtungen und Veranstaltungen nur dann, wenn sie vereinzelt auf-
treten oder wenn sie in abstrakter Betrachtung aus ihrem Zusammen-
hang gelöst werden, eine reinliche Subsummierung unter die logischen
Kateeorieen zu. Alle Ordnungen, die ein zusammenhängendes Ganze
unter irgend welchem legislativen Gesichtspunkte darstellen, alle zu-
sammengesetzteren Verrichtungen und Veranstaltungen bieten ver-
schiedene Seiten der Betrachtung dar und erfüllen gleichzeitig ver-
schiedene Aufgaben. Dasselbe Gesetz, dieselbe Mafsregel, dieselbe
Einrichtung, die zunächst das persönliche Leben oder die wirtschaft-
liche Entwickelung ins Auge fafst, hat fast immer, wenn auch in ver-
schiedenem Malse und in verschiedenen Kombinationen, zugleich eine
Bedeutung für andere Gebiete und andere Zweige der Verwaltung.
Die Gesundheitspflege verdichtet sich zu selbständigen Organisationen
und Ordnungen fast nur im Heilpersonal und in der Seuchengesetz-
gebung, aber sie durchdringt in einer Fülle einzelner Einrichtungen
und Bestimmungen die Ordnungen des Bau-, Gewerbe-, Unterrichts-,