Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 5. Die deutschen Verfassungsverträge. 49 
die norddeutsche Verfassung fortan in ihrer gleichmäfsigen Erstreckung 
auf alle vier süddeutschen Staaten, einschliefslich ihrer gemeinschaft- 
lichen Sonderrechte, gewinnen soll. Erst hiernach folgen — unter III 
— diejenigen besondern Bestimmungen, welche die Privilegierung 
Bayerns in seinen Sonderrechten — bezüglich der Heimats- und 
Niederlassungsverhältnisse, der Post und Telegraphie, des Eisenbahn- 
wesens und der Militärverfassung — ausmachen. Endlich ist — nach 
einer Übergangsbestimmung unter IV — die für die andern Staaten 
nur in den Nebenverträgen enthaltene Bestimmung über das Zu- 
stimmungsrecht des Berechtigten bei Abänderung seiner Sonderrechte 
unter V in den Hauptvertrag aufgenommen. 
Das Schlufsprotokoll sodann enthält wie das badisch-hessische 
Protokoll und die württembergische Verhandlung, unter der Voraus- 
setzung der festgestellten Verfassung, zum Teil die nämlichen, zum 
Teil besondere Erläuterungen, Zusagen und Ausführungsbestimmungen. 
Zu diesen drei Verträgen trat endlich 
4. Die Verständigung der deutschen Staaten, die durch 
den DBeschlufs des Bundesrates vom 9. Dezember 1870 ihren 
Abschlufs fand’, wonach der deutsche Bund den Namen 
Deutsches Reich 
und der König von Preufisen als Präsidium des Bundes den Namen 
Deutscher Kaiser 
führen wird. 
U. Der Inhalt und die Bedeutung der Novemberverträge 
ist ein durchaus anderer als derjenigen Verträge, insbesondere des 
Augustbündnisses, welche den norddeutschen Bund ins Leben riefen. 
Sie zielen nicht auf Begründung eines neuen Bundes unter den zum 
norddeutschen Bunde gehörigen Einzelstaaten und den vier süddeutschen 
Staaten!°". Es handelt sich vielmehr allein um den Eintritt der 
süddeutschenStaatenindenbestehendennorddeutschen 
% Anlage zu den Sten. Ber. der 2. aufserordentlichen Session des Reichs- 
tages von 1870, No. 31. 
10 Zorn, Staatsr. d. d. R. T40ff., nimmt an, dafs die seit dem 1. Ja- 
nuar 1871 bestehende deutsche Staatsgewalt staatsrechtlich eine neue war, so- 
viel ersichtlich, weil der Mitgliederbestand des Reiches ein anderer war als 
der des norddeutschen Bundes. Allein Wechsel und Hinzutritt der Mitglieder 
ist von rechtlicher Bedeutung für den Bestand einer Societät, nicht aber für 
den eines korporativen Verbandes, es mülste denn seine Verfassung die Mit- 
gliederzahl schliefsen, während die norddeutsche Verfassung ausdrücklich den 
Zutritt der süddeutschen Staaten vorsah. 
Binding, Handbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. 1. 4
	        
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