Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

608 U. Buch. Die Reichsgewalt. 
die Regelung des Versicherungswesens zu einer umfassenden Gesetz- 
gebung über die Krankenkassen der arbeitenden Klassen geführt. So 
liegen den Bestimmungen des Viehseuchengesetzes vom 23. Juni 1880 
vielfache medizinalpolizeiliche Rücksichten auf die Ansteckungsfähig- 
keit von Menschen zu grunde. Insbesondere aber ist die Gewerbe- 
ordnung der Sitz mannigfacher Regelungen im Interesse der Gesund- 
heitspflege. Sie regelt den Gewerbebetrieb der Medizinalpersonen und 
Heilanstalten®, den Verkehr mit Apothekerwaren und Giften?; sie 
verpflichtet die Gewerbeunternehmer zu allen denjenigen Einrichtungen, 
welche mit Rücksicht auf die besondere Beschaffenheit des Gewerbe- 
betriebes und der Betriebsstätte zu thunlichster Sicherheit gegen Ge- 
fahr für Leben und Gesundheit notwendig sind®; sie beschränkt die 
gewerbliche Arbeit der Kinder, jugendlicher Personen und Frauen, 
wenn auch nicht in ausschliefslicher, doch in wesentlicher Rücksicht 
auf die Gesundheit ®. 
Zu einem andern Teile ist die Medizinalgesetzgebung des Reiches 
eine selbständige, auf den leitenden Gesichtspunkt und die besondere 
Kompetenz zur Gesundheitspflege gegründete. Dahin gehören die Ge- 
setze über das Impfwesen vom 8. April. 1874, über die Anfertigung 
von Zündhölzern vom 13. Mai 1884; sodann in grundlegender Weise 
das Gesetz vom 14. Mai 1879 über den Verkehr mit Nahrungs- 
mitteln, Genulsmitteln und Gebrauchsgegenständen mit seiner Ab- 
änderung vom 29. Juni 1887; ihm haben sich dann die Gesetze über 
den Verkehr mit blei- und zuckerhaltigen Gegenständen vom 25. Juni 
1887, das Gesetz über die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben 
bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, Genufsmitteln und Gebrauchs- 
gegenständen vom 5. Juli 1887 angeschlossen. Allerdings hat sich das 
Nahrungsmittelgesetz nicht damit begnüst, durch unmittelbare gesetzliche 
‘Verbote und durch umfassende Ermächtigungen zu Reichsverordnungen 
die Herstellung gesundheitsgefährlicher Nahrungs-, Genuls- und Ge- 
brauchsgegenstände, die Manipulation und den Verkehr mit solchen 
zu regeln. Dasselbe richtet sich auch unangesehen der Gesundheits- 
gefahr gegen die Täuschungen, die’ durch Verfälschung, Nachahmung 
oder den verdorbenen Zustand von Nahrungs- und Genulsmitteln im 
Verkehre bewirkt werden!°. Allein auch hierbei bildet doch die 
Fürsorge für die gesunde Ernährung der Bevölkerung das ausschlag- 
gebende Moment, um die Verhütung von Täuschungen nicht der pri- 
6 Gewerbe. 88 29. 30. 56a. T GewerbeO. $$ 6. 34. 56 No. 9. 56b. 
8 Gewerbe. 88 120a ff. 9 S. insbesondere GerwerbeO. 88 135 ff. 
10 Nahrungsmittelgesetz $$ 6. 10. .
	        
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