Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 104. Die Reichskompetenz im allgemeinen. 621 
Zusammenwirken auch in örtlicher Entfernung beruht. Damit sind 
dem Staate zu allen Zeiten auf diesem Gebiete bedeutende Aufgaben 
erwachsen, um so bedeutender, je dichter und vielseitiger sich der 
wirtschaftliche, gesellige und geistige Verkehr entwickelt. 
Aber die Stellung des Staates und damit zugleich die Abgrenzung 
des öffentlichen und des Privatrechtes ist im einzelnen eine sehr ver- 
schiedene. 
Während entweder die Beschaffenheit der natürlichen Grundlage, 
wie bei dem Meere und den Strömen, oder die Anforderungen eines 
grölseren, die nächsten nachbarlichen Beziehungen überschreitenden 
Verkehres dazu nötigen, die Land- und Wasserstrafsen aus dem Be- 
reiche des Privatrechtes herauszuheben, um sie, und zwar regelmäßig 
ausschliefslich, dem öffentlichen Rechte zu unterstellen, ist das 
Gegenteil bei der Beförderung der Personen, Güter und Nachrichten 
der Fall e. Für diese bildet der Selbstbetrieb der Einzelnen und die 
privatwirtschaftliche Unternehmung weitaus die breiteste Grundlage. 
Erst in den grofsen konzentrierten Beförderungsanstalten der Post, der 
Telegraphie und der Eisenbahn gelangt das öffentliche Recht zur 
Herrschaft, aber auch hier nur dergestalt, dafs wesentliche Beziehungen 
der Regelung nach privatrechtlichen Grundsätzen unterworfen bleiben. 
Aber auch innerhalb des Herrschaftsgebietes des öffentlichen 
Rechtes ist die Stellung des Staates nach der Verschiedenheit der 
Strafsen und der Beförderungsanstalten eine verschiedene. Bald ist 
der Staat lediglich auf rechtliche Regulierungen angewiesen, während 
er die technische Herstellung und Unterhaltung und den technischen 
Betrieb entweder den Selbstverwaltungskörpern oder den öffentlich 
regulierten Privatunternehmungen überlälst, so bei den Landstrafsen, 
bei den Privateisenbahnen, bei der Schiffahrt; bald nimmt er auch 
die technische Durchführung in die Hand, wie bei den Heerstralsen, 
den Staatseisenbahnen, den Kanälen, der Post und Telegraphie. 
In dieser Mannigfaltigkeit des öffentlichen Rechtes, wie sie sich 
in den deutschen Einzelstaaten entwickelte, hat die R.V. die Kom- 
petenzen eingeschoben, welche dem Reiche über die Verkehrsmittel zu- 
fallen; sie hat damit eine weitere Komplizierung des Rechtszustandes 
geschaffen. Denn auch die Abgrenzung der Kompetenzen des Reiches 
und der Einzelstaaten ist im einzelnen eine sehr verschiedene, je nach 
den verschiedenen Verkehrsmitteln. 
Am durchgreifendsten und einfachsten gestaltet sich die Kom- 
petenz auf dem Gebiete der Post und Telegraphie durch 
deren Erhebung zu einheitlichen Verkehrsanstalten in der unmittel- 
baren und eigenen Verwaltung des Reiches. Ihre durch die Ver-
	        
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