626 II. Buch. Die Reichsgewalt.
nur in der Beschränkung, wenn dieselben „mehreren Staaten ge-
meinsam“ sind. Und zwar ist, dem Wortlaut der Verfassung ent-
sprechend, anzunehmen, dals für die Gemeinsamkeit eines Gewässers
es nicht genügt, wenn es überhaupt in irgend einem Teile seines
Laufes mehrere Staaten durchläuft oder begrenzt, sondern dafs dies in
seiner Eigenschaft als Strafse, im schiffbaren oder flöfsbaren Zustande
geschehen muls®.
Umfang und Inhalt dieser Kompetenzbestimmungen, wenn sie
selbstverständlich auch nicht auf die „konventionellen Flüsse“ be-
schränkt sind, ergeben am deutlichsten die Schiffahrtsakten,, welche
auf Grund der Wiener Kongreisakte für den Rhein’, die Weser!®
und die Elbe!! ergangen sind.
Hiernach befafst die Gesetzgebung über den Betrieb die Regelung
des Schiffahrts- und Flöfsereigewerbes und die Mannschaftsordnung,
die Feststellung des Rechtes zur Flaggenführung und die Anforde-
rungen an die technische Beschaffenheit von Schiff und Ausrüstung,
die Fahrordnung und das Signalwesen, endlich die Beseitigung der
der Schiffahrt und Flöfserei entgegenstehenden rechtlichen Hindernisse
in Flufszöllen, in Stapel- und Umschlagsrechten, wie letzteres noch
besonders im a. 24 des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867 an-
geordnet ist. Und die Gesetzgebung über den Zustand der Wasser-
stralsen bezieht sich sowohl auf die technischen Vorschriften über die
Erhaltung und Herstellung des Fahrwassers, des Leinpfades und der
erforderlichen Schiffahrtsanstalten (Landungsplätze, Häfen), als auch
auf die Regelung der Unterhaltungspflichten unter den Betheiligten.
Endlich fliefst es aus diesen Kompetenzbestimmungen, dals dem
Reiche die Beaufsichtigung der Durchführung der einschlagenden inter-
8 Die Reichs- und Unionsverfassung von 1849 sprachen dies in ihrem
$ 24 deutlich aus: „Die in ihrem schiffbaren Verlauf mehrere Staaten
durchströmenden Flüsse und Seen“; „auf denjenigen Flüssen, Kanälen und
Seen, welche mehrere deutsche Staaten im schiffbaren oder flölsbaren
Zustande durchströmen oder begrenzen“. Dabei enthielt aber die Reichs-
verfassung, im Gegensatz zur Unionsverfassung, einen Vorbehalt, der die hier
behandelte Reichskompetenz unter gewissen Voraussetzungen („Interesse des
allgemeinen Verkehrs“, „einzelne Flüsse“) auch auf andere Gewässer aus-
dehnbar machte.
9 Rheinschiffahrtsakte, jetzt vom 17. Oktober 1868 (an Stelle der Akte
vom 31. März 1831 und ihrer Nachträge).
10 Weserschiffahrtsakte vom 10. September 1823 mit ihren Nachträgen
vom 21. Dezember 1825, 16. August 1839, 3. September 1857, 7. Oktober 1861.
11 Elbschiffahrtsakte vom 23. Juni 1821 mit ihren Nachträgen vom
18. September 1824, 13. April 1844, 6. Februar 1854, 4. April 1863.