$ 105. Die Land- und Wasserstrafsen. 627
nationalen und zwischenstaatlichen Verträge von Seiten der beteiligten
Einzelstaaten zusteht und fernerhin, dafs es seinen Eintritt in die inter-
nationalen Verträge an Stelle der Einzelstaaten bewirken und die
zwischenstaatlichen Verträge durch seine Ordnungen ersetzen kann.
3. An letzter Stelle trifft nach R.V. a. 4 No. 9 die Beaufsichti-
sung und Gesetzgebung des Reiches „die Flufs- und sonstigen
Wasserzölle“ und zwar schlechthin aufallen Wasserstralsen,
mögen dieselben natürliche oder künstliche, mögen sie mehrere Einzel-
staaten berühren oder innerhalb eines derselben verlaufen!?. Freilich
ist auch hier wiederum die Kompetenz des Reiches, wenigstens in
einem gewissen Umfange, schon durch seine Zoll- und Handelsgesetz-
gebung gegeben. Überdies hat die Verfassung in a. 54 al. 4 gewisse
Specialisierungen vorgenommen, welche innerhalb dieser seiner Kompe-
tenz sofort wirksame gesetzliche Bestimmungen aufstellen und dieselben
zur Höhe verfassungsmälsiger Grundsätze erheben.
Nach denselben dürfen keinerlei Abgaben von Schiff oder Ladung
auf Binnengewässern erhoben werden, welche der Natur einer Gebühr,
d. h. eines die Deckung der Gesamtkosten bezielenden Entgeltes für
einzelne Gebrauchsverstattungen oder für einzelne Verwaltungsakte
widersprechen. Also Fluls- und Wasserzölle im specifischen Sinne
sind abgeschafft!?. Ja, selbst das Recht der Gebührenerhebung ist ein
nur beschränktes. Sie darf bei natürlichen Wasserstralsen ledig-
lich für die Benutzung besonderer Anstalten, die zur Erleichterung
des Verkehrs bestimmt sind, bei künstlichen Wasserstrafsen auch
für die Befahrung, als Äquivalent für die Gewährung des Fahrwassers,
erfolgen, in beiden Fällen aber nur in der Höhe, dafs die Gebühren
die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung der Anstalten
und Anlagen erforderlichen Kosten nicht übersteigen!“ Nur zwei
modificierende Vorbehalte sind hierbei angeordnet. Die verfassungs-
mälsige Bemessung der Höhe der Abgaben hat in Anerkennung der
privatrechtlichen Seite des Falles keine Gültigkeit für künstliche
Wasserstrafsen, welche nicht Staatseigentum sind. Sodann finden
12 Vgl. die Reichs- und Unionsverfassung von 1849 88 25. 26. 27.
13 Daher waren die Elbzölle unmittelbar durch die Reichsverfassung be-
seitigt und es bedurfte des Gesetzes vom 11. Juni 1870 über den Wegfall der
Elbzölle nur, um Anhalt aus Billigkeit, Mecklenburg-Schwerin in Erledigung
eines bei Annahme der Verfassung gemachten Vorbehaltes eine Entschädigung
von Reichswegen zu gewähren.
14 Diese Bestimmungen haben im Wege einer Verfassungsänderung ad hoc
eine Modifikation durch das Gesetz vom 5. April 1886 erlitten, welches Bremen
ermächtigt, auf einer korrigierten Strecke der Weser die für künstliche
Wasserstralsen zulässigen Abgaben zu erheben.
40*