Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

640 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
verhältnisses zum Ausdruck. Auf dem öffentlichen Rechtsakte der 
Konzession beruht die Konstituierung des Unternehmens. Die Er- 
haltung der Anlage und der Transportmittel und der Betrieb in einer 
Sicherheit gewährenden und der Bestimmung des Unternehmens ent- 
sprechenden Weise sind Pflichten gegenüber dem Staate?. Auch ihm 
gegenüber ist der Transportzwang unter veröffentlichten, gleichen Be- 
dingungen konstituiert. In den mannigfachsten Beziehungen ist den 
Anforderungen: der Polizei, der Post-, Telegraphen- und Militärver- 
waltung Genüge zu leisten. Aber trotzdem bleibt in der Privatbahn 
der Kern der Veranstaltung privatrechtlicher Natur. Denn der 
gemeinnützigen Bedeutung ungeachtet sind Stralse und Ausrüstungs- 
material Privateigentum, steht das gesamte ausführende Personal in 
privatrechtlichen Dienstverhältnissen und gestaltet sich der gesamte 
Betrieb als die Eingehung und Abwicklung massenhafter Beförderungs- 
verträge auf Rechnung und auf Gefahr des Unternehmers. 
Daraus ergiebt sich nach Konstituierung des Privatunternehmens 
mit Notwendigkeit ein Rechtsverhältnis, welches das, was man als 
privatrechtliche Autonomie bezeichnen mag?, zum Ausgangs- 
punkte nimmt. In demselben kommt nur ein Aufsichtsrecht des 
Staates zur Geltung, das nicht in allgemeinen Ermächtigungen, son- 
dern in bestimmten, durch Gesetz und Konzession specialisierten Be- 
fugnissen besteht. Und diese Befugnisse wiederum haben nur in einem 
engen Umfange die Natur einseitiger Verfügungen und einseitiger 
Zwangsmalsregeln. Sie sind überwiegend und insbesondere überall 
da, wo sie auf die privatwirtschaftlichen Interessen des Unternehmers 
stolsen, nüurRechte der Genehmigung zudenautonomischen 
Feststellungen, so insbesondere im Fahrplan- und Tarifwesen und 
im Betriebsreglement in seiner technischen Bedeutung. Daher es denn 
geschieht, dafs den Anforderungen des öffentlichen Verkehres vielfach 
nur Geltung verschafft wird durch eine vom formell rechtlichen Stand- 
2 S. 8 24 des preufsischen Gesetzes vom 3. November 1838 und $ 10 No.1 
der bayerischen Verordnung vom 20. Juli 1855. 
3 Allerdings wird hier das Wort Autonomie in einem erweiterten Sinne 
genommen. Allerdings haben die Eisenbahnunternehmungen — abgesehen von 
der Regelung des inneren Dienstes — nur das Recht der Aufstellung allge- 
meiner Vertragsnormen für ihre. Beziehungen zum Publikum und nicht die 
Ermächtigung, die das eigentliche Wesen der Autonomie ausmacht, nämlich 
Rechtssätze zu schaffen. Allein jene Aufstellung allgemeiner Vertragsnormen 
gewinnt teils durch den rechtlichen Transportzwang, teils durch das faktische 
Monopol der Eisenbahnen eine eigentümlich gesteigerte Bedeutung,. welche 
ihre Bezeichnung als einer autonomischen Befugnis in einem erweiterten Sinne 
rechtfertigt.
	        
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