646 II. Buch. Die Reichsgewalt.
dem Reiche speeifische, über die Grenzen der allgemeinen „Beauf-
sichtigung“ hinausgehende Befugnisse zu.
1. Zunächst das Recht der Regulative. D. h. das Recht, in
der regelmälsigen Form des Bundesratsbeschlusses den übereinstim-
menden oder gleichen Inhalt festzustellen, der den von den Einzel-
staaten und in Anwendung ihres Partikularrechtes zu erlassenden all-
gemeinen Anordnungen und Vorschriften zu geben ist — ein Recht,
welches mit dem Rechte nach R.V. a. 7 Nr. 2 Ausführungsverord-
nungen zu Reichsgesetzen zu erlassen nicht identisch ist.
2. Aber weiterhin muls gerade aus der specifischen Gestaltung
dieses Verhältnisses heraus dem Reiche das Recht zugesprochen werden,
die Überwachung der Ausführung der hier einschlagen-
den partikularen Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Einrich-
tungen durch den Kaiser und damit zugleich die Beschluflsfassung
über Mängel, welche bei der Ausführung dieser partikularen Ord-
nungen hervortreten, durch den Bundesrat zu bewirken, in der näm-
lichen Weise, wie dies regelmälsig nach R.V. a. 7 Nr. 2 und a. 17
nur in Rücksicht auf Reichsgesetze und auf hierauf beruhenden
Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen platzgreift. Allerdings ge-
schieht dies nicht in dem Sinne einer Überwachung und Mängelbe-
handlung dieser partikularen Ordnungen und Einrichtungen als solcher
und in ihrer Gesamtheit, sondern vielmehr unter dem Gesichtspunkt
und in Beschränkung auf.die Frage, ob die Handhabung der den
Bundesregierungen aus dem Partikularrecht entspringenden Verwaltungs-
befugnisse sich in Übereinstimmung befindet mit den verpflichtenden
Vorschriften der Reichsverfassung. Und gerade hieraus erwächst dem
Reiche und zwar nach dem Gesetze vom 27. Juni 1873 dem Eisen-
bahnamte zweifellos das Recht, sowohl auf dem Gebiete der Staats-
eisenbahnverwaltung als auf dem der Beaufsichtigung der Privatbahnen
entweder gegen einzelne Malsregeln der Bundesregierungen rechts-
verbindlichen Einspruch zu erheben, wenn sie ihren verfassungsmälsigen
Verpflichtungen widersprechen, oder die Vornahme einzelner Mals-
regeln durch dieselben anzuordnen, wenn sie durch jene Verpflichtungen
gefordert sind.
II. Die Gegenstände, auf welche sich das so gestaltete
Recht des Reiches bezieht, sind teils durch die Specialisierungen der
Verfassung näher bezeichnet, teils folgen sie aus der Generalklausel,
teils beruhen sie auf einer aufserordentlichen Ermächtigung.
1. Die Speeialisierungen beziehen sich auf die Anlage und
Ausrüstung neuer Bahnen nach einheitlichen Normen,
auf übereinstimmende Betriebseinrichtungen, d. h. im