Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

8 110. Die Verpflichtungen der Eisenbahnverwaltungen. 649 
Die Schranken!* dieser aulserordentlichen Kompetenz werden 
durch die näheren Malsgaben des R.V. a. 41 al. 1 bestimmt. 
a. Hiernach greift die Befugnis nur platz „im Interesse der Ver- 
teidigung Deutschlands oder im Interesse des gemeinsamen 
Verkehres“. D. h. während in der ersten Alternative die Anlage 
einer Bahn von Reichswegen auch innerhalb eines Einzelstaates 
stattfinden kann, ist dies in der zweiten Alternative nur statthaft, wenn 
der Verkehr die Anlage einer mehrere Einzelstaaten durchschneidenden 
Eisenbahn fordert. Denn nur diesen Sinn kann es haben, wenn die 
Verfassung in auffälligem und unmöglich als bedeutungslos anzu- 
nehmendem Unterschied von aa. 4 No. 8 und 42 hier nicht von 
einem Interesse des „allgemeinen“, sondern des „gemeinsamen“ Ver- 
kehres spricht '®. 
b. Die Anlage oder Konzessionierung von Reichs wegen soll als- 
dann erfolgen „unbeschadet der Landeshoheitsrechte“. 
D. h. der Übergang auf das Reich bezieht sich nur auf die zum 
eigenen Betrieb oder zur konzessionsmälsigen Beaufsichtigung der 
Bahn erforderlichen Hoheitsrechte, sie erstreckt sich nicht auf die 
anderweitigen, zugleich die Bahn berührenden Hoheitsrechte der Ge- 
richtsbarkeit, der Polizeigewalt oder auch des Besteuerungsrechtes. 
c. Endlich ist das Reich nicht schon unmittelbar kraft der Reichs- 
verfassung und mittelst eines Aktes der Vollziehung, sondern erst 
„kraft eines Reichsgesetzes“, d. h. kraft eines in jedem ein- 
zelnen Fall zu erlassenden Ausführungsgesetzes ermächtigt, diese 
seine eigene und unmittelbare Verwaltung eintreten zu lassen. 
8 110. 
Die Verpflichtungen der Eisenbahnverwaltungen. 
Eine wesentlich andere Gestaltung haben diejenigen Ver- 
pflichtungen, welche die Reichsverfassung für die „Eisenbahn- 
14 Die Erwerbung der Reichseisenbahnen in Elsafs - Lothringen stützte 
ihre Kompetenz nicht auf Abschnitt VII der Reichsverfassung, der überall 
eine Auseinandersetzung zwischen dem Reich und den Einzelstaaten zur 
Voraussetzung seiner Bestimmungen und seiner Beschränkungen nimmt. Jene 
Erwerbung ist begründet in der ungebrochenen Suveränetät des Reiches über 
Elsafs-Lothringen. 
15 Anderer Meinung Fischer in v. Holtzendorffs Jahrbuch I 413; 
v. Mohl, Reichsstaatsrecht S. 214 Note 1; v. Rönne, Staatsr. d. d. R. 
Ilı 313. Richtig Riedel, Reichsverfassungsurkunde $. 126. Vergleiche auch 
die Gegenüberstellung in No. 8 und 9 des R.V. a. 4: „Das Eisenbahnwesen 
— im Interesse des allgemeinen Verkehrs“ und „der Flöfserei- und Schiff- 
fahrtsbetrieb auf den mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstrafsen“.
	        
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