Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 110. Die Verpflichtungen der Eisenbahnverwaltungen. 651 
im Personen- und Güterverkehr’, unter Gestattung des Überganges 
der Transportmittel von einer Bahn auf die andere gegen die übliche 
Vergütung einzurichten.“ 
Zweifellos und anerkanntermalsen ist es nicht die Absicht dieser 
Bestimmungen das Fahrplanwesen und die Bewerkstelligung direkter 
Expeditionen ausschliefsliich an das Reich zu ziehen. Vielmehr be- 
halten die Verwaltungsbefugnisse der Einzelstaaten auch für die hier 
bezeichneten Aufgaben konkurrierende Geltung. Allein diese Ver- 
waltungsbefugnisse der Einzelstaaten waren durch die Begrenzung auf 
das einzelne Territorium und durch die autonomische Selbständigkeit 
der Privatunternehmungen nur beschränkte. Sie waren überwiegend 
in den hier fraglichen Beziehungen angewiesen sei es auf Verträge 
mit anderen Einzelstaaten, sei es auf die Wirksamkeit der Vereine 
und Verbände der Eisenbahnverwaltungen. Und die Bedeutung gerade 
der R.V. a. 44 ist es, die Anforderungen des grofsen Verkehres an 
das Ineinandergreifen der Fahrpläne, an die Bewältigung des Güter- 
verkehres und an direkte Expeditionen dadurch von den vertragsmälsigen 
Beliebungen, von territorialen Begrenzungen und von autonomischen 
Widerspruchsrechten frei zu stellen, dals die entsprechenden Ver- 
pfliehtungen der beteiligten Privat- und Staatseisenbahnverwaltungen 
als Rechte des Reiches konstituiert werden. 
IV. Aber wenn auch nach dem allen die behandelten Artikel 
der Verfassung Unterschiede im einzelnen aufweisen, so ist es doch 
das Übereinstimmende ihrer Bestimmungen und es bildet das Charak- 
teristische dieser Kompetenzen des Reiches, dals alle aus ihnen 
fliefsenden Verpflichtungen nicht die „Bundesregierungen“ als solche, 
sondern im Gegensatze hierzu die „Eisenbahnverwaltungen“ schlecht- 
hin treffen. Hierdurch ist aber ein Doppeltes gegeben. 
l. Zunächst sind die dem Reiche erteilten Ermächtigungen und 
die ihnen entsprechenden Verpflichtungen vollkommen unabhängig vom 
Stande des Partikularrechtes, mag sich dasselbe auf Landesgesetze, 
Konzessionen oder Verwaltungsgrundsätze stützen. Die hier gegebenen 
Bestimmungen sind Reichsrecht, das jedes entgegenstehende Partiku- 
larrecht gebrochen hat. 
2. Das Reich gewinnt sodann nach Malsgabe dieser Bestim- 
mungen Befugnisse, welche unmittelbare und eigene Verwaltungsrechte 
® Hierin ist das Recht der Feststellung direkter Tarife nicht enthalten. 
S. im übrigen die Verfügungen des Reichseisenbahnamtes im Centralblatt 1875 
S. 73 und 657 und die Erklärungen des Vertreters des Reichseisenbahnamtes 
in den Reichstagssitzungen vom 2. und 23. März 1881 (Sten. Ber. S. 92. 93. 468) 
und vom 7. Juni 1883 (ebenda S. 2885).
	        
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