668 II. Buch. Die Reichsgewalt.
II. Auch auf dem Gebiete des Münzwesens!® sind die Ver-
waltungsbefugnisse der Einzelstaaten von geringer Wirksamkeit.
Die dem Reiche nach R.V. a. 4 Nr. 3 überwiesene „Ordnung
des Münzsystemes“ !* befalst die folgenden Aufgaben:
1. Die gesetzliche Feststellung des Grundgewichtes des
Edelmetalles und der hierzu in einem bestimmten Verhält-
nisse stehenden Rechnungseinheit!? mit ihren Teilungen und
Vervielfältigungen und mit deren Bezeichnungen als gemeingültigem
Sprachgebrauch. Hierauf beruht die rechtliche Anerkennung des
Münzgeldes als allgemeinen Wertmalsstabes.
2. Die Vorschriften über die dem Staate überall als ausschliefs-
liches Recht vorbehaltene technische Darstellung der Rech-
nungseinheit, ihrer Teile und Vervielfältigungen als Haupt- und
Scheidemünzen, in genauer Bezeichnung des Gewichtes, der inneren
und äulseren Beschaffenheit derselben, in Feststellung der in den
Verkehr zu bringenden Mengen der einzelnen Münzstücke, in einem
detailliert geregelten technischen Verfahren. Hierauf beruht die Eigen-
schaft des Münzgeldes als allgemeinen Tauschmittels.
3. Die Bestimmungen, welche die Münzen, die Hauptmünzen
bei Einhaltung des Passiergewichtes schlechthin, die Scheidemünzen bis
zu einem gewissen Betrage zum gesetzlichen Zahlungsmittel
erheben.
4. Die Anordnung endlich der Mafisnahmen, welche die Er-
haltung des gesetzlichen Münzsystemes und seiner Funk-
tionen zum Gegenstande haben: in strafrechtlichen Bestimmungen über
Münzfälschung, Falschmünzerei und Münzbetrug, in Anweisungen über
Anhaltung von beschädigten oder falschen Münzstücken bei den öffent-
lichen Kassen, in Vorschriften über Einziehung abgenutzter Münzen,
in Anordnungen über Annahme und Umtausch der Scheidemünzen bei
den Staatskassen, in Ermächtigungen, dem Umlauf der alten und
fremden Münzen durch Aufserkurssetzungen und Zwangstarifirungen
zu steuern.
13 Soetbeer, Deutsche Münzverfassung, 1874ff. v. Rönne, Staatsr. d.
d.R. Hı 248f. Zorn, Staatsr. d. d. R. U 68fl. Löning, Lehrb. d. d.
Verwaltungsr. S. 661f. G. Meyer, Lehrb. d. d. Verwaltungsr. I 437 ff.
Laband, Staatsr. d. d. R. II 161 ff.
12 Vgl. R.V. von 1849 $ 45 und Unionsverf. $ 44: „Die Reichsgewalt
ausschliefslich hat die Gesetzgebung und die Oberaufsicht über das
Münzwesen. Es liegt ihr ob, für das ganze Reich dasselbe Münzsystem :eim-
zuführen. Sie hat das Recht, Reichsmünzen zu prägen“.
15 1] Mark — Yısss Pfund feinen Goldes.