672 II. Buch. Die Reichsgewalt.
rechtliche Gesetzgebung — sie hat in dem deutschen Handels-
gesetzbuch ihre Kodifikation erhalten — wie auch auf die Regelungen
des öffentlichen Rechtes.
Und diese öffentlichrechtliche Regelung wiederum begreift —
abgesehen von der gewerblichen Seite, die schon durch die Kompetenz
über den Gewerbebetrieb gedeckt ist — alle Malsregeln, die im
Interesse der Sicherheit, der Vertrauenswürdigkeit, der Beweglichkeit,
der allseitigen Entwickelung des Handels von Staats wegen getroffen
werden können. Hier. schlagen ein die öÖffentlichrechtlichen Bestim-
mungen über die Firmenordnung und die Handelsregister, über das
Mäkler- und Börsenwesen, über die Organisation des Handelsstandes
in den Handelskammern. Hierhin gehören die Mafsregeln gegen
Täuschungen und gemeingefährliche Manipulationen im Handel, wie
sie — abgesehen von ihren privatrechtlichen Bestimmungen — die
Gesetze über Markenschutz vom 30. November 1874, über den Fein-
gehalt der Gold- und Silberwaren vom 16. Juli 1884, über Prüfung
der Läufe und Verschlüsse der Handfeuerwaffen vom 19. Mai 1891,
über den Verkehr mit Ersatzmitteln für Butter vom 12. Juli 1887
und in den einschlagenden Bestimmungen das Nahrungsmittelgesetz
vom 14. Mai 1879 anordnen. Auch die Regelung des partikularen
Besteuerungsrechtes, insofern dasselbe den Handel als solchen und als
spezifisches Steuerobjekt treffen kann, wird von der Handelskompetenz
ergriffen und nicht minder die Ordnung des Mels- und Markt-
wesens, wie sie zum Teil in der Gewerbeordnung, zum Teil in Be-
stimmungen der Zollvereinsverträge enthalten sind‘.
Aber dieser formalen Weite der Kompetenz entspricht der Reichtum
ihres materiellen Inhaltes nicht. Die Verwaltung des Handels als
4 Die älteren Verträge enthalten die Bestimmungen, dafs die Zeit der
Abhaltung und der Dauer der Messen zu Braunschweig, Frankfurt a. M.,
Frankfurt a. O., Kassel, Leipzig, Naumburg und Offenbach von der Landes-
regierung nur im Einverständnis mit den Landesregierungen der übrigen
Mefsplätze geändert werden dürfen, sowie dafs die zur Bestreitung der Mels-
einrichtungs- und Steueraufsichtsausgaben auf den Mefsplätzen bestimmte, von
den Mefswaren zu erhebende Gebühr, die sogenannten Mefsunkosten, nicht
unter die in Frankfurt a. O. und Leipzig geltenden Sätze herabgesetzt werden
sollen. Diese Bestimmungen sind jetzt nicht mehr, wie Delbrück Art. 40
S. 63 annimmt, vertragsmäfsige, weil sie der Kompetenz des Reiches nicht
unterliegende Materien beträfen, vielmehr sind sie nach R.V. a. 40 legislativen
Charakters, denn sie unterliegen zweifellos der Handelskompetenz des
Reiches. Speciell hat die letztere Bestimmung die Absicht, die Einheitlichkeit
und Gleichmäfsigkeit der Handelsbedingungen in der Belastung des Melfs-
verkehres zu wahren, welche nach R.V. a. 33 al. 1 Verfassungsgrundsatz ist.