Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 117. Der Gewerbebetrieb. 689 
hebung einer bestimmten wirtschaftlichen Thätigkeit zum Lebensberufe 
darstellt. Und wenn schon der gewöhnliche Sprachgebrauch ein orga- 
nisatorisches Moment in den Begriff aufnimmt, so liegt es in der 
Natur des heutigen, in allen seinen Grundlagen auf das Privatrecht 
gestützten volkswirtschaftlichen Prozesses, dafs die Regelungen des 
öffentlichen Rechtes und ihr Sprachgebrauch das Gewerbe auch 
in seinem vollen Wortsinne nur von einem besonderen Standpunkte 
aus erfassen können. Alle Öffentlichrechtlichen Regelungen des Ge- 
werbes gewinnen einen besonderen Stoff nur durch die Gliederung 
der berufsmälsigen Erwerbsthätigkeiten in der Unternehmung, 
d. h. in jener Form der Zusammenfassung von Arbeit und Kapital, 
mag sie sich in dem einfachsten Apparat eines selbständigen Dienst- 
mannes oder in der Komplicierung einer grolsen Fabrik darstellen, 
von welcher in der rechtlich bestehenden Gesellschaftsordnung die 
Versorgung mit allen wirtschaftlichen Gütern und mit denjenigen 
wissenschaftlichen und künstlerischen Leistungen abhängt, die um ihrer 
Verwertbarkeit willen zugleich einen privatwirtschaftlichen Beruf be- 
gründen können. 
Das Gewerbe in diesem 'Sinn, der „Gewerbebetrieb“, der in 
dem Unternehmer den Träger der öffentlichrechtlichen Pflichten 
findet, ist es, der die „anewerbeordnung“, mag sie kodifiziert oder 
in verschiedene Gesetze zerstreut sein, aus dem Bereiche der all- 
gemeinen, die Erwerbsthätigkeit bestimmenden Rechtsregeln zu einem 
besonderen und speeifischen Bestandteil der Gesetzgebung erhebt. 
Damit scheiden vom Standpunkte der Gewerbeordnung her im 
Begriffe des Gewerbes alle jene Thätigkeiten aus, welche zwar zugleich 
um des wirtschaftlichen Erwerbes willen, aber im Dienste ander- 
weitiger, nicht auf privatwirtschaftlichen Erwerb gerichteten Organi- 
sationen, des Staates, der Gemeinde, der Kirche, der Familie ver- 
richtet werden. Die Erwerbsthätigkeit der Beamten im weitesten Sinne, 
des Gesindes fällt aulserhalb des Rahmens der Gewerbeordnung. 
Damit ist zugleich der Inhalt der Gewerbeordnung gegeben. 
Derselbe befalst schlechterdings nicht alle diejenigen Regelungen des 
Privatrechtes und des öffentlichen Rechtes, insbesondere nicht der 
Sicherheits-, Bau-, Feuer-, Strafsen-, Gesundheits-, Prefspolizei, welche 
auch eine Anwendung auf den Gewerbebetrieb erleiden und fordern 
und denselben den mannigfachsten Beschränkungen unterwerfen 
können ®. Er ist auch nicht identisch mit der Gesetzgebung über das 
6 Vgl. GewerbeO. $ 144. Diese Bestimmungen fallen daher, selbst- 
verständlich vorbehaltlich anderweitiger Kompetenzen, nicht unter die Ge- 
Binding, Handbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. 1. 44.
	        
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