Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 123. Die Generalklausel. 721 
recht, Handels- und Wechselrecht und das gerichtliche Ver- 
fahren. Erst das verfassungsändernde Gesetz vom 20. Dezember 
1873 hat den definitiven Text festgestellt. 
Mit dieser Änderung des Textes verband sich in: Rückwirkung 
eine Änderung der Bedeutung anderweitiger, die Rechtspflege be- 
rührender Specialklauseln des Artikel 4. 
Bei der norddeutschen Beschränkung der No. 13 auf Obligationen-, 
Handels- und Wechselrecht besalsen die No. 5 „die Erfindungs- 
patente“ und No.6 „der Schutz des geistigen Eigentumes“ 
eine selbständige Bedeutung für den Umfang der Reichskompetenz 
auf dem Gebiete des materiellen Privatrechtes. Mit der Erweiterung 
der Generalklausel sind diese Specialklauseln, soviel sie die privat- 
rechtliche Ordnung der bezeichneten Gegenstände betreffen, 
gesenstandslos geworden. Nur in anderer doppelter Beziehung haben 
sie noch jetzt einen selbständigen Inhalte. Zunächst unterliegt da- 
mit auch das gesamte öffentliche Recht, das sich an den That- 
beständen des Urheberrechtes entwickelt, der Reichskompetenz. Und 
wenn sich dasselbe auch für das „geistige Eigentum“ wesentlich im 
„Strafrecht“ erschöpft, so greift es doch im Patentrechte weiter, inso- 
fern sich an dieses Steuerpflichten und jene .besonderen öffentlichen 
Pflichten knüpfen, welche in den Gründen für die Zurücknahme und 
in der Enteignung des Patentes sich ausdrücken!. Sodann wird es 
durch die Beibehaltung der Specialkiauseln zweifellos gestellt, dafs 
die Funktion der Privatrechtspflege, welche die freiwillige Ge- 
richtsbarkeit begreift, in ihrer Gesamtheit für das geistige Eigen- 
tum und insbesondere für das Patentwesen der Regelung des Reiches 
anheimfällt. 
Abgesehen von diesen Rückwirkungen auf frühere Bestimmungen 
bedarf die Generalklausel selbst der näheren Bestimmung ihres In- 
haltes. Er ist nach vier Richtungen ein begrenzter. 
I. Zunächst gewinnen die Ausdrücke „bürgerliches Recht“ und 
„Strafrecht“ durch ihre Gegenüberstellung zu dem „gerichtlichen Ver- 
fahren“ einen engeren begrifflichen Umfang. Würde die Verfassung 
sich damit begnügt haben, der Reichsgesetzgebung einfach das gesamte 
bürgerliche Recht und das Strafrecht zu unterwerfen, so wären damit 
der Reichskompetenz alle und jede Regelungen, die durch diese 
Gegenstände bedingt sind, insbesondere die Regelung aller der Funk- 
tionen, die dem Staate für beide obliegen, überwiesen worden. Da- 
gegen ergiebt die selbständige Hervorhebung des „gerichtlichen Ver- 
1 Patentgesetz vom 7. April 1891 $ 5 al. 2.88 8. 11. 
Binding, Handbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. 1. 46
	        
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