Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

724 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
Bestimmungen des Reichs- oder Landesrechtes über die Zulässigkeit 
des Rechtsweges im konkreten Falle Streit entsteht, den Grundsatz 
festzustellen, dals die Gerichte über ihre Kompetenz selbst zu ent- 
scheiden haben oder Modifikationen desselben, wie nach a. 17 des 
G,V.G., zuzulassen. | 
Der Einwand, dals durch diese Entscheidungen von Reichswegen 
in das Staatsrecht der Einzelstaaten tief eingegriffen werde, trifft den 
Vorrang der Reichsgesetzgebung vor der Landesgesetzgebung auf allen 
Verwaltungsgebieten überhaupt. Insbesondere aber sind alle jene Ent- 
scheidungen nicht, wie behauptet worden ist, Bestimmungen über die 
Gerichtsorganisation, die nur bedingt und beschränkt der Reichs- 
kompetenz unterliegt, sondern es sind Entscheidungen über die erste 
und oberste Frage jedes „gerichtlichen Verfahrens“, ob und 
in welchen Umfange den Parteien, die ein Privatrecht behaupten, auf 
Grund dieser Behauptung das Recht auf Gehör und Entscheidung der 
Gerichte zugesprochen werden soll. 
2. Mit der Beschränkung der Reichskompetenz auf das gericht- 
liche Verfahren und zwar in Anwendung auf das Privatrecht und 
Strafrecht scheiden alle die Funktionen des Staates aus, welche die 
Gerichte selbst, als Bestandteile des Behördenorganismus, zum 
Gegenstande haben: die Organisation derselben in planmälsiger Glie- 
derung und in ihrer inneren Formation, die Personalbestellung, die 
wirtschaftliche Ausstattung, einschliefslich des Gebührenwesens, die 
Aufsicht über den Geschäftsbetrieb und die Disciplin. Die Justiz- 
verwaltung, die dies alles begreift, ist dem Wortlaute und dem 
Sinne der Generalklausel nach den Einzelstaaten verblieben nicht nur 
zur vollziehenden Handhabung, sondern auch zu gesetzlicher Regelung, 
nicht nur wenn sie von besonderer Behörden, sondern auch soweit sie 
von den Gerichten selbst ausgeübt wird. 
Allein dem so begrenzten Wortlaute und Sinne setzt sich der 
gemeingültige Grundsatz des Reichsrechtes gegenüber, dafs, soweit eine 
Kompetenz des Reiches zu ihrer Durchführung, insbesondere zu ihrer 
einheitlichen Handhabung und Wirkung, die Regelung eines an 
sich darüber hinausgreifenden Gegenstandes zur notwendigen Voraus- 
setzung hat, sich jene Kompetenz auch auf diese Voraussetzung er- 
streckt. Unmöglich aber ist es, das gerichtliche Verfahren für Privat- 
und Strafrecht zu regeln, ohne gewisse Grundsätze über die innere 
Formation und die hierarchische Gliederung der Gerichte festzustellen. 
Ja über diese Fragen der Gerichtsorganisation hinaus werden Eingriffe 
in die Justizverwaltung, insbesondere Bestimmungen über Qualifikation 
und Rechtsstellung der Richter, über Rechts- und Staatsanwaltschaft,
	        
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