$ 125. Das Zusammenwirken der Gesetzgebung des Reiches ete. 735
Trotzdem ist — und zwar nicht blofs, wie selbstverständlich, da,
wo die Reichgesetzgebung den Rechtsweg anordnet oder voraussetzt —
die Ermächtigung keine schlechthin allgemeine. Trotz der jeder
scharfen Begrenzung entbehrenden Fassung tritt auch aus der ent-
scheidenden Bestimmung in a. 13 des G.V.G. mit voller Deutlichkeit
die Absicht hervor, die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für
„Alle“ bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten als einen Grundsatz fest-
zustellen, zu welchem die Zuständigkeit jeder andern Behörde sich
wur als eine Ausnahme für einzelne Fälle verhalten darf. Das be-
stätigt das legislatorische Motiv, welches von einer schärferen Präzi-
sierung der Rechtssachen, die vom Rechtsweg ausgeschlossen werden
können, Abstand nehmen liefs. Es bestand lediglich in dem Gesichts-
punkte, dafs es unthunlich sei, bei Gelegenheit des Gerichtsverfassungs-
gesetzes in das „öffentliche Recht“, in das „innere Staatsrecht“, in
den inneren „Staatsorganismus“ der deutschen Einzelstaaten einzugreifen ®.
Damit ist es gesagt, dals die mögliche Ausschliefsung des Rechtsweges
sich auf jenes, in verschiedener historischer Entwickelung verschieden
abgegrenzte Gebiet beziehen sollte, auf welchem sich das bürgerliche
und das Öffentliche Recht um Herrschaft und ausschlaggebende Be-
deutung streiten. Dasselbe wird bezeichnet teils durch solche That-
bestände, welche je nach Verschiedenheit der Auffassung entweder
privatrechtlich oder öffentlichrechtlich konstruiert werden können, teils
durch das Zusammentreffen des öffentlichen und des Privatrechtes in
demselben Rechtsstreit, sei es dafs der Behauptung eines privatrecht-
lichen Anspruches ein Öffentliches Recht entgegengesetzt wird oder dafs
die Entscheidung eines Inzidentpunktes nach öffentlichem Rechte er-
forderlich ist. Allerdings ist die diesen Gesichtspunkten entsprechende
Beschränkung nicht positiv zum gesetzlichen Ausdruck gelangt. Allein,
wenn G.V.G. a. 13 den ersten Satz: „Vor die ordentlichen Gerichte
gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten“ positiv fafst und durch
das Wort „alle“ verstärkt, wenn hieran der die Ermächtigung der
Landesgesetzgebung enthaltende Satz: „für welche nicht die Zuständig-
keit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet
ist“, sich in negativer Fassung anschliefst, so kommt hierin das Ver-
hältnis von Regel zur Ausnahme und damit zugleich der Auschlufs
einer malsstabiosen, lediglich in das Belieben der Einzelstaaten ge-
legten Verkehrung der Regel zum genügenden Ausdruck. Danach
6 Vgl. die Begründung des Entwurfes des G.V.G. zu $8$ 1—4; die Kom-
missionsberatungen dazu, Protokolle S. 481 ff. und der Kommissionsbericht
S. 13 ff.