Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 129. Das Patentrecht. 761 
nur auf einem Gebiete, sondern sie greift in mehrere der unterschie- 
denen Zweige der Rechtspflege gleichzeitig über. 
Das Patentrecht ist an sich ein Teil des Urheberrechtes, des 
„geistigen Eigentumes“. Es ist dasjenige Privatrecht, welches dem 
Urheber einer zur gewerblichen Verwertung fähigen, neuen Erfindung 
und dessen Rechtsnachfolgern das ausschliefsliche Recht auf diese Ver- 
wertung einräumt. Aber dadurch unterscheidet sich dasselbe von 
anderen Urheberrechten, dals es sich nicht unmittelbar an einen ge- 
setzlich bestimmten Thatbestand anknüpft, dafs es vielmehr zu seiner 
Begründung eines staatlichen Aktes, nämlich der Patentverleihung, 
bedarf. 
Die nach Malsgabe des Gesetzes patentfähige Erfindung gewährt 
an sich kein Ausschliefslichkeitsrecht gegenüber irgend einem Dritten, 
sondern sie begründet nur das öffentliche Recht auf Patent- 
verleihung, beziehentlich auf Einspruch gegen die ‚bevorstehende 
oder auf Nichtigkeitserklärung der erfolgten Patentverleihung an einen 
unberechtigten Dritten. 
Die Regelung des Patentrechtes geht bei solcher Gestaltung des 
Erfinderrechtes notwendig Hand in Hand mit der Regelung der frei- 
willigen Gerichtsbarkeit. In dieser Anwendung befafst die 
freiwillige Gerichtsbarkeit ein geordnetes Verfahren vor der Patent- 
verleihung in Anmeldungen, Vorprüfungen, Aufgeboten, sodann den 
Akt der Patentverleihung selbst und endlich die der Verleihung nach- 
folgenden Mafsregeln der Rollenführung und der Veröffentlichungen. Mit 
derselben ist aber auch die Entscheidung derjenigen Rechtsstreitig- 
keiten verbunden, welche .nicht sowohl die Rechtswirkungen des be- 
gründeten Patentrechtes — diese gehören dem Civil- und Straf- 
prozesse an —, als vielmehr das dem Öffentlichen Rechte angehörige 
Recht auf die Verleihung betreffen, sei es dafs das letztere vor der 
Verleihung bestritten oder dafs die Nichtigkeit der geschehenen Ver- 
leihung behauptet wird. M 
Hierzu tritt es, dals das erworbene Patentrecht zugleich öffent- 
jichen Rechtes ist. Es ist verbunden mit der Verpflichtung des Be- 
rechtigten, die Vorteile der Erfindung durch thatsächliche Ausführung 
der Volkswirtschaft zuzuführen, sowie die Erlaubnis ihrer Benutzung 
gegen angemessene Vergütung an andere zu erteilen, wenn dies im 
öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Verletzung dieser öffent- 
lichen Verpflichtungen berechtigt jedermann, den es angeht, zur Klage 
auf Zurücknahme des Patentes. Das hierdurch bedinste Verfahren 
und seine Entscheidungen sind Verwaltungsgerichtsbarkeit.
	        
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