Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

162 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
Das Patentrecht ist mithin Gegenstand sowohl der Privatrechts- 
pflege in Privatrechtsgesetzgebung, in Civilprozefs und in freiwilliger 
Gerichtsbarkeit, als auch der öffentlichen Rechtspflege in Straf- 
und Verwaltungsgerichtsbarkeit. 
Zur Regelung aller dieser seiner Seiten war das Reich nach R.V. 
a. 4 Nr. 5: „die Erfindungspatente“ berufen. Aber es war dies nach 
der ursprünglichen Begrenzung der Verfassung nur in Beaufsichtigung 
und Gesetzgebung und vorbehaltlich aller vollziehenden Befugnisse der 
Einzelstaaten, insbesondere in der Form der partikularen Rechtspflege. 
Über diese Begrenzung hat das Patentgesetz weit hinausgegriffen. 
Es schuf mit der umfassenden, privat- und öffentlichrechtlichen Regelung 
des Erfinderrechtes das Patentamt, als eine selbständige Reichs- 
behörde. Es übertrug demselben die Handhabung der gesamten frei- 
willigen Gerichtsbarkeit, sowie die Entscheidung der Verwaltungs- 
rechtsstreitigkeiten, welche sich auf die Verleihung, die Nichtigkeit 
und die Zurücknahme der Patente beziehen, in den beiden letzten 
Fällen unter Konstituierung des Reichsgerichtes als Berufungsinstanz. 
Damit hat das Reich seine Kompetenz’ über die Erfindungspatente zu 
einem Zweige unmittelbarer und eigener Verwaltung er- 
hoben ; den Einzelstaaten verblieb nur die Civil- und Strafrechtspflege, 
vorbehaltlich auch hier der regelmälsigen! Kompetenz des Reichs- 
gerichtes. 
Durch das Gesetz vom 1. Juni 1891 über den Schutz von 
Gebrauchsmustern hat alsdann die Kompetenz des Patentamtes 
noch eine Erweiterung erfahren. Auch hier ist das ausschliefsliche 
Recht, das neue Muster nachzubilden und die durch Nachbildung 
hervorgebrachten Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenstände zu 
verwerten, an die vorgäneige Eintragung in die Rolle für Gebrauchs- 
muster gebunden. Die Führung dieser Rolle ist dem Patentamte 
übertragen. Aber die Reichsbehörde ist auch hierauf, auf die ent- 
sprechenden formalen Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit beschränkt. 
Denn da die Eintragung, abweichend von dem Patentrechte, ohne Vor- 
prüfung erfolgt, so ist damit eine Verwaltungsrechtsprechung nicht 
verbunden. Alle Rechtsstreitigkeiten ‘vielmehr, welche sich auf die 
Eintragsfähigkeit oder auf die Wirkungen der Eintragung beziehen, 
fallen, vorbehaltlich der letzten Instanz des Reichsgerichtes, dem Ver- 
fahren vor den Gerichten der Einzelstaaten anheim. 
1 Jedoch erstreckt sich diese Kompetenz auch auf Bayern nach al. 2 des 
a. 8 des Eg. G.V.G. el. $ 32 des Patentgesetzes vom 25. Mai 1877 und $ 33 
vom 7. April 1891.
	        
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