III. Hauptstück.
Die Kompetenz-Kompetenz und das Wesen
des Reiches.
8 132.
Die Kompetenz-Kompetenz als Verfassungsänderung.
Die Gesamtleistung, welche der Staat für die Kulturentwickelung
des Volkes in Deutschland zu bewirken hat, findet in der Summe
der Kompetenzen des Reiches nur eine bruchstückweise Darstellung.
Sie ergiebt sich erst aus dem Zusammenhalt mit den Aufgaben, die
sich die Einzelstaaten zu ihrem Teile vorzeichnen.
Diese Gesamtleistung ist in den Fluls der Geschichte gestellt. Sie
verändert ununterbrochen und unaufhaltsam ihr Bild im Gesamtein-
drucke wie in der Betrachtung des Einzelnen.
Es kann sich dies vollziehen auf der Seite der Einzel-
staaten, wenn ihnen, aulserhalb der Reichskompetenz, neu hervor-
tretende Anforderungen an das Staatswesen überwiesen, oder den
alten neue Richtungen aufgedrückt, oder aber auch Gegenstände ihrer
bisherigen Fürsorge fallen gelassen werden, sei es dafs dieselben er-
lediet sind, oder dals sie dem freien Betriebe der Gesellschaft. über-
lassen werden. Solche Veränderungen ergreifen nach der Art und
Weise, wie die Reichsverfassung die staatlichen Wirkungskreise ab-
gegrenzt hat, nur die Kompetenzen der Einzelstaaten, nicht aber die
des Reiches. Ihre Regelung erfolet einseitig unter der Herrschaft des
Partikularrechtes.
Die Veränderungen können aber auch auf der Seite des
Reiches liegen. Hier aber ist jede Aneignung oder Abstofsung
einer Aufgabe des Reiches und nicht minder jede Erweiterung oder
Schmälerung der Mitwirkungsrechte der Einzelstaaten eine Änderung
des verfassungsmälsigen Verteilungsplanes. Sie berührt notwendig so-
wohl die Kompetenz des Reiches als auch die der Einzelstaaten.
Damit ergreift denn die Frage, ob und in welchen Formen Ände-
49 *