800 II. Buch. Die Reichsgewalt.
fassung, wenn auch begrenzt durch die Reichsverfassung und unter
Vorbehalt der in dieser vorgesehenen Regulierungen.
Mit dem allen weist die selbständige Rechtssphäre diejenige Seite
der Einzelstaaten auf, welche sie als staatsartig erscheinen lälst.
Hier insbesondere sind sie Selbstverwaltungskörper im Sinne
des positiven Rechtes nicht.
Der Begriff der Selbstverwaltung ist nicht dadurch ausgeschlossen,
dals die Einzelstaaten „nationale“, die Gemeinden nur „örtliche“
Gemeininteressen verfolgen®. Denn die Relativität dieses Gegensatzes
wiederholt sich auch im Verhältnis vom Reiche zu den Einzelstaaten.
Auch nicht dadurch, dafs die Einzelstaaten ihre Hoheitsrechte
nieht nur der Ausübung nach, sondern zu eigenem Rechte besitzen.
Auch die Selbstverwaltungskörper haben „eigenen Wirkungs-
kreis“. |
Auch nicht dadurch, weil die Einzelstaaten politische Aufgaben
nach eigenen Gesetzen erfüllen und ihre Organisation nach eigenen
Gesetzen feststellen*. Denn die Grenzen der Autonomie der Selbst-
verwaltungskörper sind im positiven Rechte des Einheitsstaates rela-
tive und können bis zu einer Weite ausgedehnt werden, die jene
Merkmale in sich schlieist.
Auch nicht dadurch, dafs die Einzelstaaten das Recht haben,
„mit zwingender Gewalt zu befehlen“’®. Denn die Behauptung, dafs
dieses Recht nur dem Staate zustehe, ist zunächst eine abstrakte
Formel, die auf einer mangelhaften Analyse der Erscheinungen der
Herrschaft und des Zwanges beruht und die damit die Natur schon
der Familiengewalt, geschweige der korporativen Verbände verkennt.
Sie ist überdies ein Rückfall in die Verwechselung des gesetzlich
regulierten und des abgeleiteten subjektiven Rechtes, wenn die im
positiven Rechte unzweifelhaft hervortretenden zwingenden Befehls-
gewalten der dem Staate eingeordneten Organisationen allgemein und
grundsätzlich auf die Übertragung seiner Herrschaftsrechte von
seiten des Staates, auf eine Ausübung nicht eigenen, sondern
fremden Rechtes zurückgeführt werden.
Endlich auch nicht dadurch, dafs die Einzelstaaten Gebiets-
hoheit, d.h. Verfügungsrecht über ihr Gebiet haben®. Denn einer-
seits sind auch hierin die Einzelstaaten im Verhältnis zum Reiche
beschränkt und andererseits steht auch den Gemeinden ein Verfügungs-
® Rosin s, $ 31 Note 21. 3 Liebe s. $ 31 Note 24.
+ G. Meyer s. $ 31 Note 22. 5 Laband s. $ 31 Note 25.
6 Preufs s. 8 31 Note 26.