Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 137. Der deutsche Staat. 805 
centrale Organisation. Es bedeutet aber auch die Zusammenfassung 
beider als einer einheitlichen Gesamterscheinung. 
In dieser letzten Bedeutung und zwar nicht blofs vom Stand- 
punkte einer objektiven, zwei an sich getrennte Erscheinungen auf 
einen Zweck beziehenden Betrachtung, sondern auch vom Stand- 
punkte des Rechtes, als einer Ordnung der subjektiven Beziehungen 
zusammenlebender und zusammenwirkender Wesen, ist das Reich 
der nationale korporative Verband, dessen Gemein- 
zweck die oberste Zusammenordnung und Leitung 
aller an der Kulturentwickelung des deutschen Volkes 
gesellschaftlich wirksamen Faktoren ist. 
Mitglieder desselben sind die Einzelstaaten und sie sind 
nichts anderes als -dies. Sie sind es je nach der Gestaltung der 
Kompetenz des Reiches bald als Unterthanen schlechthin, wenn auch 
zugleich politisch berechtigt, bald in einer den Selbstverwaltungs- 
körpern des Einheitsstaates analogen Rechtsstellung, bald in einer 
Rechtsstellung, die über den Begriff der Selbstverwaltung hinaus ihnen 
die Erfüllung von Staatsaufgaben frei von den Direktiven und Kon- 
trollen des Reiches zuweist. Aber auch in dieser ihrer letzteren 
Rechtsstellung bewähren sie nicht eine dem Reiche fremde, in seinem 
Innern von seiner obersten Rechtsmacht losgelöste, sondern auch hier 
nur eine ihm kraft seiner Kompetenz - Kompetenz mitgliedschaftlich 
ein- und untergeordnete Herrschaft. 
Mitglieder des Reiches sind nicht minder sämtliche deutsche 
Unterthanen — die einzelnen wie ihre verschiedenartigen Ver- 
bindungsweisen —, aber auch hier, je nach dem Umfange seiner 
Kompetenzen, in verschiedener Weise. Sie sind es unmittelbar, 
soweit die Reichskompetenz in Gesetzgebung und in unmittelbaren 
und eigenen Verwaltungsbefugnissen reicht. Sie sind es mittelbar, 
soweit der Bereich der selbstverwaltenden Befugnisse der Einzel- 
staaten sich erstreckt. Sie sind es aber auch mittelbar im selbstän- 
digen Wirkungskreis der Einzelstaaten. Denn die Rechtsmacht der 
Kompetenz-Kompetenz ist das Recht eines Eingreifens, das zunächst 
die Stellung der Einzelstaaten trifft, damit zugleich aber alle diesen 
eingegliederten Elemente angeht. 
Damit weist das Reich eine reichere Gliederung und eine freiere 
Stellung der zur Mitwirkung am Staatszwecke berufenen Organisationen 
auf, als die normale Erscheinung des Einheitsstaates. Hierin entfaltet 
sich seine Natur als Bundesstaat. 
Aber nur das Reich, als der auch die Einzelstaaten seiner Ge-
	        
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