$ 142. Die Verfassung des Reichslandes. 833
Allerdings ist, nachdem die in Elsals-Lothringen wohnenden oder
geborenen Franzosen — vorbehaltlich ihres Optionsrechtes — mit und
durch den Übergang der Suveränetät auf das deutsche Reich „deutsche
Unterthanen“ geworden waren?, das Reichsgesetz vom 1. Juni 1870
über den Erwerb und Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit
durch Gesetz vom 8. Januar 1873 eingeführt worden. Hierdurch ist
der rechtliche Begriff der „Landesangehörigkeit“ geschaffen
worden, die nunınehr durch die nämlichen Thatsachen erworben und
verloren wird, wie die Angehörigkeit zu einem Einzelstaate. Allein
die Landesangehörigkeit ist nichts anderes, als ein Ausschnitt aus der
Reichsangehörigkeit. Sie ist denjenigen Personen beigelest, bei denen
die Thatsachen, welche die Umwandelung der französischen in die
deutsche Unterthanenschaft bewirkten, oder die Erwerbsgründe des
Gesetzes vom 1. Juni 1870 zutreffen. Sie bewirkt die nämliche
Rechtsstellung dieser Personen in ihrem Verhältnis zu den mit den
Landesangelegenheiten Elsafs-Lothringens betrauten Reichsorganen,
welche den Angehörigen des Einzelstaates kraft der Staatsangehörig-
keit im Verhältnis zu den Organen der Einzelstaaten zukommt. Sie
ist mit der „Bundesangehörigkeit“ als der Rechtsstellung, in welcher
jeder Staats- und hier Landesangehöriger im Verhältnis zu den
gsemeingültigen Reichsorganen steht, in der nämlichen Weise ver-
knüpft, wie dies die Einzelstaatsangehörigkeit ist. Sie kann mit der
Einzelstaatsangehörigkeit vertauscht werden und diese mit ihr unter
den nämlichen gesetzlichen Voraussetzungen, wie die Angehöriekeit
zu dem einen mit der zum anderen Einzelstaate. Ihr Verlust ohne
den Eintausch einer Einzelstaatsangehörickeit zieht den Verlust der
Reichsangehörigkeit schlechthin nach sich.
3. Der Unterschied von Reichsfiskus und von
Staatsfiskus besteht in Elsals-Lothringen nicht. Aller-
dings stehen dem Reiche auch hier nach den gemeingültigen Rechts-
srundsätzen die Vermögensrechte an den seiner Verwaltung gewidmeten
Gegenständen — und zwar einschlielslich der Reichseisenbahnen —
zu und auch hier müssen die zur Deckung des gemeingültigen Reichs-
bedarfes erforderlichen Finanzmittel in der nämlichen Weise auf-
gebracht werden, wie in den Einzelstaaten. Allerdings muls auch
hier für denjenigen Staatsbedarf, der nach der gemeingültigen Kompe-
tenzverteilung den Bedarf der Einzelstaaten ausmacht, durch besonderes
Vermögen und besondere Finanzquellen, beziehentlich durch die aus
® Friedenspräliminarien vom 26. Februar 1871 a. V. Friedensvertrag
vom 10. Mai 1871 a. 2. Zusatzkonvention vom 11. Dezember 1871 aa. 1. 4.
Binding. Handbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. 1. 98